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Osteoporose

Verstärkt auf Risikofaktoren achten

Etwa drei Viertel der Patienten, die an Osteoporose leiden, erhalten keine adäquate Therapie. Zudem werden gefährdete Personen häufig gar nicht erkannt. Auf welche Risikofaktoren ist zu achten?
Brigitte M. Gensthaler
18.03.2022  07:00 Uhr

»Die Osteoporose ist gefährlich: Frakturen sind oft ein Bruch im Leben«, sagte Professor Dr. Ralf Schmidmaier, stellvertretender Klinikdirektor der Medizinischen Klinik und Poliklinik IV, LMU Klinikum München, bei einer Online-Pressekonferenz zum 65. Kongress für Endokrinologie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). In Deutschland leiden circa 6,3 Millionen Menschen, davon 5,2 Millionen Frauen, an Osteoporose. Bereits kleinste Belastungen könnten zu Knochenbrüchen, etwa von Wirbelkörpern, Oberschenkel, Hüfte und Unterarm führen. »Oft markiert die erste Fraktur nur den Anfang einer Folge von Brüchen. Im fortgeschrittenen Verlauf kann Osteoporose dann zur Invalidität und zu erhöhter Sterblichkeit führen«, warnte der Arzt.

Laut Schmidmaier kommt es jedes Jahr zu etwa 730.000 osteoporosebedingten Frakturen in Deutschland. Aufgrund der demografischen Entwicklung sei mit einem Anstieg um circa 25 Prozent in den nächsten 15 Jahren zu rechnen. Jeder fünfte Patient versterbe infolge einer Oberschenkelhalsfraktur und etwa 60 Prozent seien danach dauerhaft pflegebedürftig.

Osteoporose früh erkennen

Der Leiter des Bayerischen Osteoporosezentrums München warb für die Früherkennung. »Wird eine Osteoporose frühzeitig erkannt, lässt sich der Verlust an Knochensubstanz oft noch bremsen und Folgeschäden vermeiden.« So sollte bei postmenopausalen Frauen sowie Männern ab 60 Jahren jeder Knochenbruch, zum Beispiel nach einem Sturz, abgeklärt werden. Ein Osteoporose-Screening müsse bei jeder Frau ab 70 und jedem Mann über 80 stattfinden. Hier gehe es vorrangig um die Erhebung von klinischen Risikofaktoren im ärztlichen Gespräch. Eine Knochendichtemessung könne ergänzend sinnvoll sein, aber deren Empfindlichkeit nehme mit dem Alter ab.

Zu den veränderbaren Risikofaktoren gehören zahlreiche Medikamente wie systemische Corticoide, antihormonelle Therapien, zum Beispiel bei Brust- oder Prostatakrebs, und Protonenpumpeninhibitoren sowie Begleiterkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Epilepsie, Depression und Diabetes mellitus. »Alle Arzneimittel, die die Sturzgefahr erhöhen, erhöhen das Frakturrisiko.« Auch Störungen des Hormonstoffwechsels wie Cushing-Syndrom, Überfunktion der Nebenschilddrüsen, Wachstumshormonmangel oder Schilddrüsenerkrankungen könnten den Knochenstoffwechsel ungünstig beeinflussen.

Schmidmaier betonte Lebensstilveränderungen zur Risikoreduktion: regelmäßige körperliche Aktivität, ausreichende Zufuhr von Vitamin D und Calcium, Vermeidung von Untergewicht, Sturzprophylaxe und Raucherentwöhnung. Zur spezifischen Osteoporose-Therapie stehen mehrere Arzneistoffe zur Verfügung, die entweder überwiegend die Osteoklasten-Aktivität hemmen oder osteoanabol wirken. Zu den antiresorptiven Arzneistoffen zählen die Bisphosphonate, Denosumab, Raloxifen und Estrogene. Osteoanabol wirken Teriparatid und der monoklonale Antikörper Romosozumab.

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