Nicht sanft, aber verträglich |
12.07.2011 15:28 Uhr |
Von Maria Pues, Karlsruhe / Die Deutsche Homöopathie-Union, kurz DHU, feiert in Karlsruhe ihren 50. Geburtstag. Ihr Motto: »Mitten in der Medizin«.
»Erst der 50. Geburtstag?«, fragte eine Apothekerin verwundert – von diesem Jubiläum selbst nicht weit entfernt. Nein, sie wolle damit nicht sagen, dass sie die DHU alt finde. »Ich meinte, dass es die DHU irgendwie immer schon gegeben hat.« Ihr Eindruck täuscht sie nicht.
Zwar schlug vor 50 Jahren – 1961 – in Dortmund die Geburtsstunde der »Deutschen Homöopathie-Union Schwabe & Madaus KG«, doch konnte sie zu diesem Zeitpunkt bereits auf rund 100 Jahre Lebenserfahrung zurückblicken, erläuterte Geschäftsführer Patrick Krauth in seiner Ansprache anlässlich der Jubiläumsfeier.
Die Produktion der Deutschen-Homöopathie-Union in den Gründerjahren vor einem halben Jahrhundert.
Fotos: DHU
Gute Herstellungspraxis
Die DHU geht auf die »Homöopathische Centraloffizin Dr. Wilmar Schwabe« zurück, die dieser 1866 in Leipzig eröffnet hatte. Diesen Namen verbindet man heute fast ausschließlich mit einem anderen Geschäftszweig, den Phytopharmaka. Der Firmengründer und Herausgeber des ersten homöopathischen Arzneibuchs setzte seinerzeit auf die Prinzipien Samuel Hahnemanns, um eine gleichbleibende Qualität seiner homöopathischen Arzneien zu gewährleisten. »Macht’s nach, aber macht’s genau nach!«, so der Begründer der Homöopathie – gewissermaßen eine frühe Form des heutigen Good Manufacturing Practice, kurz GMP. Diese schließe auch heute noch die tradtionelle Handverschüttelung mit ein, sagte Krauth.
Was 1961 noch geschah: In Bonn wurde Konrad Adenauer zum vierten Mal zum bundesdeutschen Kanzler gewählt und in Berlin hatte niemand vor, eine Mauer zu errichten. Was seitdem unter anderem geschah: Im Jahr 1963 wurde Adenauer durch »Wirtschaftswunderkanzler« Ludwig Erhard abgelöst, und nicht ganz 30 Jahre später beendete der Fall der Berliner Mauer die deutsche Teilung. 50 Jahre später ist die Homöopathie »mitten in der Medizin« angekommen, so das Motto des Jubiläums.
Diese habe bereits vor 200 Jahren Prinzipien vorweggenommen, die die Schulmedizin erst jetzt für sich entdecke, erläuterte Professor Dr. Volker Fintelmann, zum Beispiel die individualisierte Therapie. »Das macht die Homöopathie schon immer«, betonte er. Sie beinhalte nicht nur eine spezielle Arzneimittelherstellung, sondern auch ein diagnostisches System, das die Einzigartigkeit des Menschen in den Mittelpunkt stelle.
»Wir sind gar keine sanfte Medizin«, führte er aus. »Schwefel ist nicht sanft. Belladonna ist nicht sanft.« Die Verträglichkeit der Homöopathie habe einen anderen Inhalt: das Geheimnis der körpereigenen Selbstheilungsvorgänge und der Autoregulation. Die Schulmedizin mit der komplementären Medizin zu einer »integrierten« Medizin zusammenzufügen, stelle eine große Notwendigkeit dar, so Fintelmann. »Gemeint ist eine präventive Medizin, die Krankheit bereits in ihrer Entstehung erkennt und sie gar nicht bis zu späteren oder Endstadien kommen lässt«, erläuterte er.
Handverschüttelung wie zu Hahnemanns Zeiten.
Verantwortung für sich und andere
Lebensstil sowie innere und äußere Maßnahmen tragen dazu bei. »Und hier hat die Homöopathie eine große Wirksamkeit, die wahrscheinlich in ihrem ganzen Umfang noch gar nicht entdeckt worden ist«, sagte Fintelmann und betonte: »Der Arzt ist nicht verantwortlich für die Gesundheit der Menschen.« Der Mensch müsse für sich selbst und für andere verantwortlich werden.
Rund 500 Mitarbeiter beschäftigt die DHU heute. Sie setzt weiterhin auf Tradition und Internationalität – wie bereits Firmengründer Schwabe, der schon im 19. Jahrhundert lebhafte Geschäfte mit Indien tätigte. Das Lieferspektrum umfasst heute rund 420 000 unterschiedliche Produkte, circa 14 000 Produkte sind ständig auf Lager, rund 73 000 Sonderanfertigungen werden jährlich gefertigt.
Rund zwei Drittel der zur Herstellung benötigten Arzneipflanzen stammen aus dem – seit 2007 – DHU-eigenen Anbau in Staffort, der Rest aus ökologisch zertifizierten Quellen. Insgesamt benötige man rund 825 Pflanzenarten, 500 davon würden in Staffort kultiviert. Auf chemische Stoffe werde vollständig verzichtet, erläuterte Krauth, und die Anlage komplett mit Solarstrom betrieben. Deutschland werde zu Recht als Apotheke der hochwertigen Naturarzneimittel bezeichnet. /