Pharmazeutische Seniorenhilfe |
05.07.2011 17:02 Uhr |
Pharmazeutische Seniorenhilfe
Dass wir im Schnitt immer älter werden, ist allseits bekannt. Dass aber bei der Entwicklung von neuen Arzneimitteln in fast allen klinischen Studien die Über-65-Jährigen kategorisch ausgeschlossen werden, ist weniger bekannt. Aber gerade diese Bevölkerungsgruppe leidet häufig nicht nur an einer chronischen Krankheit, bei ihr ist auch der Arzneimittelverbrauch am größten. Im Schnitt nimmt ein Senior jeden Tag sechs Arzneimittel ein, bei gut einem Drittel sind es sogar neun und mehr.
Im Alter ändert sich vieles und viele physiologische Änderungen haben Auswirkungen auf die Art und Weise, wie unser Körper mit Arzneimitteln umgeht und auf sie reagiert. Man denke nur an die Funktionseinschränkung von Organen und die veränderte Rezeptordichte. Die Bevölkerungsgruppe der Senioren bedarf also unserer verstärkten Aufmerksamkeit.
Erfreulicherweise hat auch die Politik diese Situation erkannt. Bereits der erste Aktionsplan 2008/2009 des Bundesgesundheitsministeriums zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland fordert Maßnahmen zur qualitativen Verbesserung der Arzneitherapie von älteren Menschen. Erste Erfolge sind sichtbar. So wurden unter anderem Listen entwickelt, die problematische Arzneistoffe für Senioren aufführen.
Für Apotheker müssen solche Instrumente zwei Dinge erfüllen: Erstens sollen sie auf mögliche Gefahren aufmerksam machen, zweitens sollen sie darüber hinaus auch Empfehlungen zu Alternativen geben. Nur dann sind Listen, zum Beispiel die PRISCUS-Liste, als Instrumente sinnvoll (lesen Sie dazu den Titelbeitrag Arzneitherapie: Was Senioren gut vertragen).
Der verantwortungsvolle Arzneimittelexperte darf solchen Listen natürlich nicht »blind« vertrauen. Denn es geht um den individuellen Patienten mit individuellen Krankheitszuständen, Begleitmedikationen und Organfunktionen. Und diese ändern sich, sodass nicht nur ein einmaliger Medikations-Check, sondern ein kontinuierliches Medikations-Management notwendig sind.
Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die ABDA vergangene Woche eine Studie zur pharmazeutischen Betreuung von älteren, herzinsuffizienten Patienten beschlossen hat (siehe dazu Herzinsuffizienz: ABDA beschließt Studie). Diese zielt darauf ab, den Effekt einer engmaschigen, kontinuierlichen, Apotheken-basierten Intervention auf patientenrelevante, klinische Endpunkte nachzuweisen. Solche harte Endpunktstudien werden dringend benötigt. In erster Linie profitieren davon die Patienten. Unser Berufsstand tut es ebenso. Denn die Studie ist auch ein Nachweis und eine Aufwertung des Apothekers als Heilberuf.
Professor Dr. Charlotte Kloft
Mitglied der Chefredaktion