Erreger lässt innerlich verbluten |
15.06.2010 15:47 Uhr |
Von Nicole Schuster / Im südlichen Afrika ist ein neuer Erreger identifiziert worden: Das Lujo-Virus löst heftiges Fieber mit starken inneren Blutungen aus. Eine Therapie gegen die Infektion existiert nicht.
Das Lujo-Virus (kurz LUJV) erhielt seinen Namen von den Anfangsbuchstaben der beiden afrikanischen Städte Lusaka und Johannesburg, in denen es erstmals auftrat beziehungsweise erforscht wurde. Symptomatisch macht sich die an das Ebola-Fieber erinnernde Krankheit mit Fieberschüben, Muskelschmerzen und Hautausschlag bemerkbar, später kommt es zu Kreislauf- und Organversagen. Schwere, diffuse inneren Blutungen führten bei vier der bislang fünf mit dem Virus infizierten Personen zum Tode.
Ein Arena-Virus
Der erste Krankheitsfall ereignete sich im September 2008, als sich in Lusaka (Sambia) eine Reisebüro-Mitarbeiterin mit dem bis dahin unbekannten Virus infizierte. Zur Behandlung wurde sie ins südafrikanische Johannesburg geflogen. Unterwegs steckte sie einen der Rettungssanitäter an. Ärzte in Johannesburg konnten weder die Frau noch den Sanitäter retten. In Johannesburg infizierten sich drei Mitarbeiter der Klinik ebenfalls mit dem Virus, wovon zwei der Infektion erlagen. Eine vierte Pflegekraft überlebte die Krankheit, erholte sich aber erst nach einem Jahr vollständig.
Beim Umgang mit Lujo-Infizierten müssen strikte Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Das Virus ist ähnlich aggressiv wie Ebola.
Foto: dpa
Aus Blutproben der Patienten entschlüsselten Forscher der Columbia University in Johannesburg und von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta, USA, die Genstruktur des Lujo-Virus. Einzuordnen ist es demnach als Arena-Virus, genauso wie der Erreger des Lassa-Fiebers, mit dem das neue Virus eine entfernte Verwandtschaft aufweist. Bei Arena-Viren handelt es sich um RNA-Viren, die unter anderem potenziell tödlich verlaufende hämorrhagische Fieber auslösen können. Möglicherweise hat daher eine antivirale Behandlung mit Ribavirin der fünften Patientin das Leben gerettet. Ribavirin dient unter anderem der Behandlung von Hepatitis-Infektionen, wird aber auch zur Therapie von hämorrhagischen Fiebern eingesetzt. Die Ärzte können aber nicht ausschließen, dass die Genesung allein auf einen milderen Verlauf der Erkrankung zurückzuführen ist.
Es bleibt viel Rätselraten um das neue Virus, auch, was die Übertragungswege anbelangt. Anhaltspunkte könnte seine Einordnung als Arena-Virus liefern. In vielen Fällen verläuft die Übertragung bei diesen Viren über die Ausscheidungen infizierter Nager. Eingeatmet mit Staub oder aufgenommen in verunreinigtem Essen gelangen die Viren in den menschlichen Organismus. Analog vermuten Wissenschaftler, dass auch das neu entdeckte Arena-Virus Nagetiere, vermutlich Ratten, als Wirtstiere benutzen könnte.
Für den Infektionsweg über Körperflüssigkeiten und Exkremente würde auch sprechen, dass sich bislang nur wenig Menschen angesteckt haben. Eine Lujo-Virus-Epidemie schließen Wissenschaftler vorerst aus. Auch das Auswärtige Amt schreibt auf seiner Internetsite, dass die Gefahr für Reisende zu vernachlässigen sei. /
Literatur
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Briese, T., et al., Genetic Detection and Characterization of Lujo Virus, a New Hemorrhagic Fever – Associated Arenavirus from Southern Africa. PLoS Pathog 5(5) 2009: doi:10.1371/journal.ppat.1000455.