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Entwicklungszusammenarbeit

Mehr Kompetenz, weniger Fälschungen

31.05.2017  09:31 Uhr

»Die meisten Ursachen für Krankheiten und Sterblichkeit in Entwicklungsländern können mit sicheren, wirksamen und kostengünstigen Arzneimitteln behandelt werden«, sagt Professor Dr. Lutz Heide von der Universität Tübingen. Soweit die Theorie. In der Praxis hätten jedoch einige hundert Millionen Menschen auf dem Globus keinen Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln in hoher Qualität.

In vielen Ländern sei es für zahlreiche Menschen kaum möglich, Arzneimittel zu kaufen, so der pharmazeutische Biologe. Dabei steht die Gesundheit bei den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen weit vorn, nämlich auf dem dritten Platz. 

 

Krankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria sollen laut Agenda bis zum Jahr 2030 wirkungsvoll bekämpft werden und die Geburten- und Kindersterblichkeit soll radikal gesenkt werden. Allerdings hatten bereits die Millenniums-Ziele diese Absicht.

 

Trotzdem sterben jährlich immer noch sechs Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag. Zwar kosteten Medikamente wie Penicillin oder Ciprofloxacin in vielen Entwicklungsländern pro Tagesdosis nur 1 bis 2 Euro. Der Preis relativiert sich allerdings, wenn man bedenkt, dass in diesen Ländern viele Menschen mit einem Tageslohn von 1 Euro auskommen müssen. »In Ländern südlich der Sahara wie dem Südsudan oder Malawi können sich die meisten Menschen keine Arzneimittel leisten«, sagte Heide. Deshalb gäben dort Hilfsorganisationen Medikamente kostenlos ab. Heide, der selbst für zwei Jahre am Pharmazeutischen Institut der Universität Malawi arbeitete und lehrte, hält trotz des Mangels in vielen afrikanischen Staaten wenig von unkontrollierten Arzneimittelspenden. Diese seien häufig ein Problem, weil die für ein bestimmtes Land vorgesehenen Arzneimittel oft die falschen seien oder die Gebrauchsinformationen in fremder Sprache geschrieben sind.

 

Logistik aufbauen

 

Laut Heide fehlt für eine gute Versorgung der Menschen in vielen Ländern eine ausreichende Logistik. Außerdem gebe es zu wenige Apotheker. Nur wenn deren Zahl steige, könne sichergestellt werden, dass die benötigten Arzneimittel auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Dazu gehörten zwar auch Arzneimittelspenden. Viel wichtiger sei es aber, mehr Apotheker in den Ländern südlich der Sahara auszubilden und dass diese dann anschließend die Arzneimittelversorgung ihres Landes selbst organisieren können.

 

Ein weiteres großes Problem für die Arzneimittelversorgung in afrikanischen Staaten sind Arzneimittelfälschungen. Nach einer Untersuchung in 21 Ländern der Subsahara entsprechen dort rund ein Drittel der Medikamente nicht den Qualitätsanforderungen. Jedes fünfte Medikament soll gefälscht sein. Demanch sterben pro Jahr rund 120 000 Kinder unter fünf Jahren infolge gefälschter Arzneimittel.

 

Laut Heide sind dabei Komplett- Fälschungen eher selten. In den meisten Plagiaten sei immer noch etwas Wirkstoff enthalten, zum Teil jedoch nur im einstelligen Prozentbereich. Malaria-Medikamente gehören zu den häufig gefälschten Medikamenten. Erkennen ließen sich Fälschungen oftmals an den zahlreichen Schreibfehlern auf den Arzneimittelverpackungen.

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