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GKV-Finanzierungsgesetz

Zweifel an der Prognose

27.05.2014  09:30 Uhr

Von Stephanie Schersch, Berlin / Rund 20 Millionen Versicherte sollen mit dem geplanten GKV-Finanzierungsgesetz im kommenden Jahr von sinkenden Kassenbeiträgen profitieren. Davon geht zumindest die Bundesregierung aus. Kritiker haben allerdings erhebliche Zweifel an dieser Prognose.

Die Große Koalition hat das Vorhaben mit dem sperrigen Namen GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz auf die Agenda gesetzt, um damit die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung auf neue Füße zu stellen. Dafür soll der allgemeine Beitragssatz von derzeit 15,5 auf 14,6 Prozent sinken. Arbeitgeber und Angestellte zahlen dann mit 7,3 Prozent zunächst jeweils die Hälfte. Dennoch werden Mitarbeiter voraussichtlich mehr zahlen müssen als ihre Chefs, denn von ihnen können die Krankenkassen zusätzlich einen prozentualen Extrabeitrag verlangen, wenn sie mit ihrem Geld nicht auskommen.

 

Kein Fortschritt

 

Einen Fortschritt kann Gesundheitsökonom Professor Stefan Greß von der Hochschule Fulda in dem geplanten Gesetz nicht erkennen. »Im Grundsatz ändert sich wenig«, sagte er vergangene Woche im Gesundheitsausschuss des Bundestags. So bleibe die strukturelle Einnahmeschwäche der GKV bestehen. Für problematisch hält er die einseitige Zusatzbelastung der Versicherten. »Eine Entlastung von 20 Millionen Versicherten kann ich beim besten Willen nicht erkennen«, so Greß.

 

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sieht das ähnlich. Er geht sogar von deutlich steigenden Beiträgen für die Versicherten aus. »Wir rechnen mit einem Anstieg von 0,2 bis 0,3 Prozentpunkten pro Jahr«, sagte SoVD-Experte Fabian Székely. 2020 könne der Beitrag der Versicherten dann bereits bei rund 10 Prozent liegen. Joachim Rock vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sprach vor diesem Hintergrund von einem Ausstieg aus der solidarischen Finanzierung im Sozial- und Gesundheitswesen. »Ich halte es für eine historische Zäsur, wenn das Gesetz in dieser Form verabschiedet wird.«

 

Die Krankenkassen sind grundsätzlich mit der Reform der GKV-Finanzierung einverstanden. Denn das geplante Gesetz würde ihnen die Möglichkeit bringen, ihren Beitragssatz wieder weitgehend selbst zu bestimmen. »Wir wünschen uns aber einen Mechanismus, über den der Arbeitgeberanteil angepasst wird, wenn der Beitrag für die Versicherten steigt«, sagte Ulrike Elsner, Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen.

 

Sie verwies darüber hinaus auf den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds. Diesen hatte die Politik vor dem Hintergrund wachsender Überschüsse zuletzt deutlich gekürzt. Elsner forderte, für den Fonds künftig eine finanzielle Obergrenze festzulegen. Werde diese erreicht, sollten die überschüssigen Mittel an die Kassen ausgeschüttet werden. »Das würde sich dann auch mindernd auf die Beiträge auswirken.« /

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