Zappelig durch Schlafstörungen |
25.05.2010 16:41 Uhr |
Von Elke Wolf, Wiesbaden / Wenn Kinder unregelmäßig schnarchen, sollten Eltern hellhörig werden. Denn schon Kinder können unter obstruktiver Schlafapnoe leiden. Bei ihnen hat die Schlafstörung untypische Folgen: Sie werden tagsüber nicht müde, sondern unruhig.
Nicht nur Erwachsene leiden unter einer obstruktiven Schlafapnoe. »Auch 1 bis 2 Prozent der Kinder in Deutschland haben eine solche Schlafstörung«, sagte Professor Dr. Thomas Verse von der Asklepios-Klinik Harburg in Hamburg auf dem HNO-Kongress in Wiesbaden. Eine obstruktive Schlafapnoe ist durch Atemaussetzer geprägt, die länger als 10 Sekunden dauern. Bei Kindern gelten bereits mehr als zwei Atempausen pro Stunde als pathologisch. Bei Erwachsenen sei ab fünf Aussetzern pro Stunde mit gesundheitlichen Folgen zu rechnen. Das Schnarchen resultiert aus einer Verengung der oberen Atemwege.
Etwa 1 bis 2 Prozent der Kinder in Deutschland leiden unter Schlafapnoe. Der gestörte Nachtschlaf kann zu einer Unruhe am Tag führen, was leicht mit ADHS verwechselt wird.
Foto: Superbild
Auf den Atemstillstand folgt ein tiefer Atemzug, der die verengten Atemwege öffnet und als lauter Schnarcher zu hören ist. Die betroffenen Kinder haben durch die angestrengte Atmung einen sehr unruhigen Schlaf und wachen nachts auf. Allerdings sind diese Weckreaktionen, auch Mikroarousals genannt, so kurz und unvollständig, dass sich die Kinder daran nicht erinnern können. »Doch diese Vorgänge verhindern den Tief- und den Traumschlaf, also die besonders erholsamen Phasen der Nachtruhe«, sagte Verse. Die Erklärung: Die Betroffenen sind im Schlaf enormem Stress ausgesetzt. Durch die Atemstillstände sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut. Der Körper ist dadurch ständig in Alarmzustand, schüttet vermehrt Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus. Der Schlaf wird leichter, man kommt nicht mehr zum Tiefschlaf. »Nicht nur die Atempausen sind krankmachend, sondern auch die veränderte Mikroarchitektur des Schlafes«, so der Experte.
Eine obstruktive Schlafapnoe zu erkennen, ist nicht einfach. Bei folgenden Faktoren sollten Eltern mit ihrem Kind beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder Schlafmediziner vorstellig werden:
unruhiger Schlaf
unregelmäßiges Schnarchen
Lernstörungen
motorische Unruhe (»hippelig, zappelig«)
eventuell Tagesschläfrigkeit
Sprachdefizite
Doch im Gegensatz zu Erwachsenen, die auf den gestörten Nachtschlaf mit extremer Müdigkeit tagsüber reagieren, fällt bei Kindern in der Regel die motorische und geistige Unruhe auf. Die nächtlichen Atemaussetzer können auch Wachstumsstörungen und pulmologische Erkrankungen nach sich ziehen. Auch die schulischen Leistungen können sich verschlechtern. So haben große amerikanische und deutsche Studien nachgewiesen, dass schnarchende Schüler in der Schule im Durchschnitt schlechter abschneiden als ihre nicht schnarchenden Mitschüler. »Wird die Ursache der Schlaf-Atmungs-Störung behoben, holen die Kinder die kognitiven Defizite schnell wieder auf.«
Häufig unerkannt
Die Diagnose ist bei Kindern wesentlich schwieriger und aufwendiger als bei Erwachsenen, stellte Verse fest. Auch Fehldiagnosen seien keine Seltenheit. So werde die motorische Unruhe mitunter einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) angelastet.
In 95 Prozent der Fälle sind Polypen und vergrößerte Rachenmandeln der Grund für das Schnarchen oder die obstruktive Schlafapnoe bei Kindern. Diese lassen sich effektiv chirurgisch beseitigen. Daneben können eine behinderte Nasenatmung und Übergewicht den Schlaf atemwegstechnisch stören. Kieferorthopädische Probleme, bei denen ein zu weit zurückliegender Unter- oder Oberkiefer die Atmung behindert, sind bei Kindern selten, können aber mit Bissschienen angegangen werden. Die Therapie mit einer Atemmaske, wie oft bei Erwachsenen eingesetzt, ist für Kinder die letzte Behandlungsmöglichkeit, sagte Verse. /
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