ABDA warnt vor Grauzonen |
15.04.2015 10:02 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Apotheker begrüßen das geplante Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen grundsätzlich. Aus Sicht der ABDA nehmen die Pläne der Großen Koalition allerdings zu wenig Rücksicht auf Besonderheiten der öffentlichen Apotheken. Die Bundesvereinigung warnt vor einer zu weiten Auslegung des neuen Straftatbestands.
Mit der Novelle will die Bundesregierung in § 299a des Strafgesetzbuchs einen eigenen Tatbestand für Korruption im Gesundheitswesen schaffen. Bestechung und Bestechlichkeit sollen demnach künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, in besonders schweren Fällen drohen sogar fünf Jahre Gefängnis.
Skonti und Rabatte
Aus Sicht der ABDA nimmt das geplante Gesetz gegen Korruption zu wenig Rücksicht auf Besonderheiten des Apothekenalltags.
Foto: Imago/INSADCO
Das neue Gesetz solle eine strafrechtliche Verfolgung all jener Fälle möglich machen, bei denen wettbewerbs-, sozial- und berufsrechtliche Regelungen zur Ahndung korrupten Verhaltens bislang nicht ausreichten, schreibt die ABDA in einer Stellungnahme. Allerdings sei nicht ausgeschlossen, dass künftig jedes schlicht unlautere Verhalten unter den neuen Straftatbestand falle. Dies gehe jedoch zu weit »und wohl auch über das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs« hinaus.
Die ABDA sieht eine weite Auslegung der geplanten Strafnorm kritisch. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Arzneimittelpreisverordnung, die unter anderem die Vergütung des Großhandels regelt und Vorgaben für die Einkaufskonditionen von Apothekern macht. Pharmagroßhändler erhalten bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln demnach eine Pauschale von 70 Cent und dürfen zusätzlich bis zu 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis aufschlagen.
Rechtlich umstritten ist allerdings, in welchem Umfang Großhändler Apothekern Rabatte und Skonti gewähren dürfen. Eine weite Auslegung des neuen Tatbestands könnte aus Sicht der ABDA letztlich dazu führen, »dass Apotheken aus Unsicherheit und Angst vor einer strafrechtlichen Verfolgung schlechtere als die eigentlich zulässigen Einkaufskonditionen akzeptieren«. Damit verzichteten sie unter Umständen auf durchaus gewollte Einsparungen, »die der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln dienen können«.
Vorteil und Gegenleistung
Die ABDA hält es grundsätzlich für nicht zumutbar, abzuwarten, bis die Gerichte eventuelle Unsicherheiten klären. In der Diskussion über das Antikorruptionsgesetz hatte die Bundesregierung zuletzt immer wieder betont, dass Übereinkünfte nur dann strafbar seien, wenn ihnen eine sogenannte Unrechtsvereinbarung zugrunde liegt, bei der ein Vorteil mit einer konkreten Gegenleistung verknüpft wird.
Auch dieser Hinweis bringt aus Sicht der ABDA allerdings nicht die nötige Rechtssicherheit für Apotheker. Es sei mit Blick auf die Einkaufskonditionen schwierig, eine Gegenleistung komplett auszuschließen, »wenn – wie beim Einkauf von Gewerbetreibenden üblich – die Auswahl des Bezugspartners vornehmlich vom Preis abhängig ist«, heißt es. Die Bundesregierung müsse daher klarstellen, »dass geringfügige Verstöße gegen allenfalls wettbewerbsrechtlich relevante Marktverhaltensregelungen nicht vom Tatbestand der geplanten Neuregelung« erfasst werden.
Schwere Fälle von Korruption will die Koalition besonders streng ahnden. Als schwer wird ein Fall dabei etwa eingestuft, wenn die Betroffenen gewerbsmäßig handeln. Die ABDA weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass damit schon bei kleinsten Pflichtverletzungen, die im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen Apothekern und anderen begangen werden, erhöhte Strafen drohten. Schließlich sind Apotheker Gewerbetreibende.
Antragsrecht der Kassen
Anträge auf Strafverfolgung wegen Korruption sollen dem Gesetzentwurf zufolge neben Wettbewerbern und geschädigten Patienten auch Kranken- und Pflegekassen sowie private Versicherungsunternehmen stellen können. Aus Sicht der ABDA ist die Formulierung in diesem Punkt missverständlich. Kranken- und Pflegekassen sollten nur dann tätig werden können, wenn eines ihrer Mitglieder betroffen ist, fordert sie. Ein generelles Antragsrecht für Kassen lehnen die Apotheker ab.
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die sogenannten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen darüber hinaus künftig enger zusammenarbeiten. Diese sind unter anderem bei der Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen angesiedelt. An regelmäßigen Treffen sollen auch Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie der berufsständischen Kammern teilnehmen.
Die ABDA wünscht sich in diesem Punkt präzisere Aussagen dazu, »in welcher Form sich die siebzehn berufsständischen Apothekerkammern der Länder an dem regelmäßigen Erfahrungsaustausch beteiligen können«. Auch auf Bundesebene möchten die Apotheker stärker in die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen einbezogen werden. /