Regierung einigt sich |
30.03.2016 09:16 Uhr |
Von Jennifer Evans und Daniel Rücker / Die Bundesregierung hat eine weitere Hürde auf dem Weg zu einem Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen genommen. Union und SPD einigten sich darauf, etwa die umstrittene Regelung zum Verstoß gegen das Berufsrecht zu ändern.
Die Bundesregierung will das sogenannte Antikorruptionsgesetz zumindest was die Apotheker angeht deutlich entschärfen. Entgegen dem bisherigen Entwurf soll nun § 299 des Strafgesetzbuchs (StGB) noch einmal überarbeitet werden. Der Paragraf regelt Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299a) und Bestechung (§ 299b). In dem von der Bundesregierung neu gefassten § 299a wurde nun die Vorteilsnahme bei der Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten weitgehend ausgeklammert. Und auch beim Bezug von Arzneimitteln scheinen die Apotheker in sicherem Fahrwasser zu sein. In der Neufassung von § 299a droht Heilberuflern nur dann noch eine Strafe, wenn es um den Bezug von Arznei- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten geht, die zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen vorgesehen sind.
Union und SPD haben sich mit Blick auf das sogenannte Antikorruptionsgesetz angenähert. Für die Apotheker bedeutet das wohl eine Entschärfung.
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Große Zweifel
Laut einer Stellungnahme des CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak hatten Experten in der Anhörung zum Gesetzentwurf erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel gegen § 299a Abs. 1 Nr. 2 StGB angebracht. Es sei fraglich, ob das strafbare Verhalten eines Heilberuflers so präzise und konkret wie nötig beschrieben werden könne. In dem Paragrafen wurde der Verstoß gegen berufsrechtliche Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft.
Da die Berufspflicht nicht bundeseinheitlich, sondern auf Länderebene geregelt ist, wären Unterschiede in der Strafbarkeit nicht auszuschließen gewesen. Das Verhalten eines Arztes in Hessen wäre dann womöglich anders bestraft worden als dieselbe Handlung eines anderen Arztes in Bayern. Dabei soll der Grundgedanke des Gesetzes allerdings in seiner bisherigen Form erhalten bleiben. In seinem Statement macht Luczak deutlich, dass die geplante Streichung »nicht zu Strafbarkeitslücken führt«.
Korruptionsfälle würden fast ausnahmslos von § 299a Abs. 1 Nr. 1 erfasst. Außerdem werde Korruption im Gesundheitswesen ein Offizialdelikt und damit eine Straftat, die von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt werden muss. Tatsächlich reduziert der aktuelle Gesetzentwurf die Gefahr für Apotheker, mit ihrem Handeln unter den Tatbestand der Korruption zu fallen.
Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, hält den Kompromiss der Koalition insgesamt für eine »Schmalspurlösung«. Vom eigentlichen Zweck, Patienten zu schützen, habe die Einigung sich entfernt, erklärte Vogler in einer Stellungnahme. »Stattdessen stehen jetzt nur noch der Schutz von Pharmaunternehmen vor Übervorteilung und die Ausgaben der Krankenkasse im Vordergrund«. Die Linke fordert daher, jede ungerechtfertigte Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit unter Strafe zu stellen.
Da Apotheker Medikamente nur herausgeben und nicht am Kunden anwenden, haben sie strafrechtlich kaum etwas zu befürchten.
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Zudem hält die Gesundheitspolitikerin die Verortung im Wettbewerbsrecht als Geburtsfehler, der nicht durch kleine Korrekturen an der Regelung zu beheben sei. »Sie muss sich letztlich daran messen lassen, ob die heute bekannten Korruptionsformen wie verdeckte Verordnungsprämien effektiv bekämpft werden können.«
»Apotheker sind fein raus«
Für die Apotheker seien die von der Bundesregierung geplanten Änderungen im Entwurf zum Antikorruptionsgesetz sehr positiv, sagte der Marburger Pharmarechtler Elmar Mand der PZ. »Die Apotheker sind fein raus.« Die Gesetzesänderung lasse seiner Ansicht nach rechtlich keine andere Auslegung zu. Mand: »Das heißt, die Apotheker haben keine strafrechtlichen Sanktionen zu befürchten. Denn sie geben die Medikamente nur raus und wenden diese nicht an, wie andere Heilberufler es tun. Die Regelung ist die einzig richtige Entscheidung der Koalition und ich begrüße sie sehr.«
Juristische Fallstricke für die Apotheker kann Mand nicht mehr erkennen. Einzige Ausnahme, bei der Apotheker noch belangt werden könnten, sei im Rahmen von Kooperationen in der Heimversorgung oder durch Zuweisungen von Ärzten.
Skonti und Boni stellen dagegen zumindest für den Bereich des Antikorruptionsgesetzes kein echtes Problem dar. Mand: »Rabattvereinbarungen mit Großhändlern sind auch nach der Änderung weiterhin möglich, ohne dass dem Apotheker strafrechtlich etwas droht«.
Im Prinzip haben sich die Apotheker demnach also in den vergangenen zwölf Monaten um ein Thema Sorgen gemacht, das sie nun nur noch an ganz wenigen Stellen tangiert. Mand: »Wenn die Apotheker alle bisher gültigen Verbote beachten, ändert sich für sie jetzt erstmal nicht viel. Nur, dass die Bußgelder bei Verstößen bisheriger Regelungen höher werden.«
Laut Luczak sollen nun die Rechtspolitiker der Regierungskoalition mit dem Bundesjustizministerium die finalen Formulierungen aushandeln. Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs sei im April dieses Jahres zu erwarten. /