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Chaos mit Ansage

13.04.2007  11:22 Uhr

Chaos mit Ansage

War das nötig? Der AOK-Rabattvertrag ist gerade einmal seit zwei Wochen für Apotheken bindend und schon regiert das Chaos. Lieferdefekte sind an der Tagesordnung, Apothekenleiter und -angestellte vergeuden ihre Arbeitszeit mit der Recherche nach Medikamenten, die sie an AOK-Versicherte abgeben dürfen und können, oft vergebens (siehe hier). Zum Glück pochte der Deutsche Apothekerverband bei der AOK ausreichend beharrlich auf eine Friedenspflicht bis Ende Mai, ansonsten würde nun den Apothekern eine Welle von Retaxierungen drohen.

 

Dabei ist der Ärger auch jetzt schon groß genug, denn an den Apothekern bleibt oft eine wenig erfreuliche Aufgabe hängen: Sie müssen den Patienten erklären, dass diese erstens nun ein anderes Medikament bekommen sollen als bisher und dass dieses zweitens leider nicht lieferbar ist. Das alte Medikament sei zwar vorrätig, dürfe jedoch nicht ohne Weiteres an AOK-Kunden abgegeben werden. Kein Mensch kann erwarten, dass Patienten einen solchen Unsinn verstehen. Apotheker müssen dies zwar auch nicht verstehen, sich aber trotzdem daran halten.

 

Ob die AOK den Unsinn, den sie produziert hat, auch ausbaden muss, ist noch offen. Ihre Marktstellung macht die Ortskrankenkassen nur schwer angreifbar. Sicher ist allerdings, dass die Kasse das Chaos nicht ungewarnt angerichtet hat. Viele Experten hatten bezweifelt, dass die zum Teil sehr kleinen Generikahersteller ihren Verpflichtungen nachkommen könnten. Heute wissen wir, dass auch die großen Probleme haben. Immerhin ­ noch gilt die Friedenspflicht, es ist noch Zeit zur Umkehr.

 

Es gibt tatsächlich praktikable Möglichkeiten, die Kosten der Arzneimittelversorgung zu senken. Hier stellt das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) sein Zielpreiskonzept vor. Es umgeht die Schwächen der Rabattverträge, weil die Apotheker das Medikament selbst aussuchen und so die Lieferfähigkeit garantieren können. Bislang haben die Krankenkassen wenig Sympathie für Zielpreisvereinbarungen aufgebracht. Vielleicht kommen sie angesichts der von der AOK verursachten Probleme nun zur Einsicht. Dann hätte der Ärger in den Apotheken doch noch einen positiven Aspekt. Angesichts der Größe des Chaos ist dies aber nur ein schwacher Trost.

 

 

Daniel Rücker

Stellvertretender Chefredakteur

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