Teure Boni |
10.04.2012 17:29 Uhr |
Was ist der Unterschied zwischen einer öffentlichen Apotheke und einer niederländischen Versandapotheke? Keine Frage: Es gibt eine ganze Menge Unterschiede zwischen den beiden Einrichtungen. Die Versandapotheke macht keinen Notdienst, sie fertigt keine Rezepturen an, sie schickt keine Boten zu kranken Menschen, sie berät ihre Kunden niemals im persönlichen Gespräch. Die öffentliche Apotheke hingegen ist weniger kontaktscheu. Der unmittelbare Kontakt bei Beratung und Dienstleistungen ist zentraler Bestandteil der Arbeit.
Deutlich werden die Unterschiede beider Institutionen derzeit in zwei Aktionen: Die ABDA stellt in diesem Heft ihr Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit vor (lesen Sie dazu Tag der Apotheke: Nur wer so viel weiß …). Es geht ihr um pharmazeutische Kompetenz und den Wert der persönlichen Beratung. Auf PR in eigener Sache setzt auch die Europa-Apotheek. Qualitative Aspekte spielen dabei allerdings keine Rolle. Beim Versender geht es ums Geld, genau gesagt um 2,49 Euro (siehe dazu Europa-Apotheek startet Initiative für Rezeptboni). Diesen Nachlass bietet die Europa Apotheek ihren Kunden, wenn sie auf Beratung verzichten und ihre Arzneimittel beim Versender bestellen.
Der krumme Wert des Bonus resultiert aus einem verlorenen Rechtsstreit. Das Oberlandesgericht München hatte der Europa-Apotheek verboten, Kunden einen Rezept-Bonus von 2,50 Euro zu gewähren und dem Versender vor einigen Wochen eine hohe Ordnungsstrafe aufgebrummt. Der Versender hat nun die Zuwendung um einen Cent gekappt. Nicht, weil das Angebot damit legal wird, sondern weil es nicht mehr ausdrücklich illegal ist. So tickt jemand, der nichts kann außer billig.
Und weil billig zu sein offenbar das einzige Konzept der Europa Apotheek ist, hat sie eine eigene Kampagne pro Rx-Boni ins Web gestellt. Auf der Facebook-Seite von probonus.eu hatten sich bis Dienstag rund 3000 Menschen vor den Karren der Europa-Apotheek spannen lassen.
Ein Vergleich der Öffentlichkeitsarbeit der ABDA mit der Probonus-Kampagne der Europa Apotheek macht deutlich, dass der Bonus der Versandapotheke nicht den Verbrauchern, sondern dem Anbieter nutzt. Der von der ABDA-Kampagne in die öffentliche Wahrnehmung gestellte Wert der Beratung wird vom Versender auf 2,49 Euro taxiert. Das ist sein Angebot für den Verzicht auf Beratung. 2,49 Euro, als vermeintliches Äquivalent für den Schutz vor den Konsequenzen fehlerhafter Arzneimittelanwendung. Das ist lächerlich. Auch wenn sich der Wert der Beratung natürlich nicht auf Euro und Cent beziffern lässt, wird jeder erkennen: Sie ist deutlich mehr Wert. Deshalb kaufen nicht die Apothekenkunden zu teuer ein, sondern die Boni-Jäger der Versandapotheken.
Daniel Rücker
Chefredakteur