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Impfstoffversorgung

»Über Festbeträge nachdenken«

19.03.2013  19:03 Uhr

Von Ev Tebroke / Das Beispiel Grippeimpfungen hat es gezeigt: Exklusiv-Rabattverträge können zu massiven Versorgungsengpässen führen. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, warnt vor den nächsten Problemen bei FSME-Impfstoffen und spricht sich für Festpreise aus. In Hessen und Rheinland-Pfalz gibt es bereits eine entsprechende Regelung.

»Ausschreibungen sind der falsche Weg«, sagte Becker auf dem parlamentarischen Abend in Berlin, zu dem er in seiner Funktion als Präsident des Landesapothekerverbands (LAV) Baden-Württemberg geladen hatte. »Es wäre besser, mal über Festbeträge nachzudenken.« In seiner Ansprache vor geladenen Politikern in der Landesvertretung Baden-Württemberg kritisierte Becker die Rabattverträge mit einzelnen Herstellern bei Impfstoffen.

 

Er erinnerte an die »massiven Versorgungsprobleme« insbesondere in Bayern und Norddeutschland, weil im vergangenen Herbst der Hersteller Novartis, der den Exklusiv-Zuschlag für die Grippeimpfstoffe erhalten hatte, zunächst nicht liefern konnte. Im Hinblick auf die anstehende Impfsaison gegen die durch Zecken übertragbare Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) warnte der DAV-Vorsitzende vor neuen Schwierigkeiten.

 

Wie eine LAV-Sprecherin bestätigte, habe man schon jetzt eine problematische Versorgungssituation beim FSME-Impfstoff. Hinzu käme, dass die produktneutrale Verordnung es schwierig mache, innerhalb eines Impfzyklus stets das gleiche Präparat herauszusuchen, mit dem der Patient bereits geimpft wurde. Dies sei bei FSME mit insgesamt drei Folge-Impfungen aber notwendig, so die LAV-Sprecherin.

 

Bei der aktuellen Impfstoffvereinbarung in Baden-Württemberg zwischen AOK und Kassenärztlicher Vereinigung (KV) wurden die Apotheker nicht eingebunden. Ärzte verordnen Impfstoffe dort produktneutral, die Apotheker müssen anschließend bei jedem Kunden den Impfstoff desjenigen Herstellers heraussuchen, mit dem die Krankenkasse einen Rabatt vereinbart hat. Nach Angaben der Sprecherin hoffen die Apotheker nun darauf, in Gesprächen mit der KV hier nachbessern zu können.

 

In anderen Bundesländern haben die Kassen die Problematik zum Teil erkannt und auf eine Ausschreibung verzichtet. Für die Grippesaison 2013/2014 haben die Krankenkassen unter Federführung der AOK und der Apothekerverband Rheinland-Pfalz einen Liefervertrag für die Versorgung mit Grippeimpfstoffen im Sprechstundenbedarf abgeschlossen. Die AOK zahlt stellvertretend für alle Kassen den Apothekern einen festen Preis für Grippeimpfstoffe, die diese dann bei den Herstellern beziehen. Die Ärzte können den Wirkstoff weiterhin frei wählen. Die Regelung soll ab 1. Juli greifen. Nach Hessen ist Rheinland-Pfalz damit das zweite Bundesland mit einer entsprechenden Vereinbarung.

 

Neben Apotheken kritisieren auch einzelne Hersteller wie das Pharmaunternehmen Astra Zeneca die Rabattausschreibungspraxis für Impfstoffe. Sie bemängeln, dass nur der Preis als Auswahlkriterium berücksichtigt wird, nicht aber Kriterien wie Wirksamkeit oder Anwendungsform. Nicht jeder Impfstoff sei für alle Risiko- und Altersgruppen, wie zum Beispiel Kinder, gleichermaßen wirksam und einsetzbar, heißt es seitens Astra Zeneca. /

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