Pharmazeutische Zeitung online

Maske ist nicht gleich Maske

21.03.2006  10:38 Uhr
Bitte beachten Sie

Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Die Inhalte sind unter Umständen veraltet. Wir empfehlen die Lektüre des Beitrags Coronaviren: Was bringen Schutzmasken gegen Virusinfektionen?

Aktuelle Informationen finden Sie außerdem auf unseren Themenseiten Coronavirus und Grippe.

Influenza-Pandemie

Maske ist nicht gleich Maske

von Conny Becker, Berlin

 

Wer im Fall einer Grippe-Pandemie engen Kontakt zu Patienten hat, sollte sich mit Hilfe von Atemmasken vor einer Ansteckung schützen. Dabei sind OP-Masken deutlich weniger effektiv als so genannte Partikel-filtrierende Masken aus dem Arbeitsschutz.

 

Wenn der Begriff Atemschutzmaske fällt, schwanken die Assoziationen zwischen Papiermasken im asiatischen Großstadtleben und Ganzkörperschutzanzügen aus Hollywood-Filmen. In Deutschland erscheint das Tragen von Masken vielen befremdlich. Im Fall einer Influenza-Pandemie mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 würde dies für medizinisches Personal mit Kontakt zu Infizierten jedoch selbstverständlich werden. Allerdings schützt nicht jede Maske gleich gut vor den Krankheitserregern.

 

Bei Infektionen, die aerogen übertragen werden, sind die jeweiligen Viren, Bakterien oder Pilze an Tröpfchen (Durchmesser > 10 µm) oder nach Verdampfen der Wasserhülle an einen Tröpfchenkern (< 10 µm) gebunden. So kann der Erreger auch über eine Distanz von drei Metern mit der Atemluft übertragen werden. Wie Untersuchungen während der Sars-Epidemie 2003, aber auch neuere Labortests ergaben, schützen einfache, einlagige Papiermasken, wie in Asien verbreitet, nur unzureichend vor einer Infektion. Für den Fall einer Pandemie wären sie also nicht geeignet.

 

Ob die üblichen OP-Masken einen Schutz gegen die in der Luft befindlichen Erreger gewährleisten, untersuchte das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz (BGIA) Anfang des Jahres. Dieser medizinische Mund-Nasen-Schutz (MNS), der nicht den Tragenden, sondern den Patienten vor einer Infektion schützen soll, zählt zu den Medizinprodukten. Er wird nicht gemäß der europäischen Atemschutzgerätenorm geprüft. Diese schreibt zum einen vor, dass der Durchlassungsgrad des Filtermaterials je nach Schutzklasse zwischen 2 und 22 Prozent der Gefahrenstoffpartikel maximal betragen darf. Zum anderen muss die Maske gut am Gesicht des Trägers anliegen.

 

In der BGIA-Untersuchung erfüllten nur drei der 16 geprüften MNS beide Kriterien (Dach High-Risk-Mask NIOSH N95, Maske; FarStar Surgical Plus blau, Tuch; Kolmi OP-Maske HF Blau M14511, Tuch). Deshalb empfiehlt das Bundesministerium für Arbeit betreffenden Beschäftigten auch das Tragen von Atemschutzgeräten beziehungsweise von einem Mund-Nasen-Schutz, der der DIN EN 149-Norm entspricht. Damit Verbraucher künftig geeignete OP-Masken erkennen können, will das BGIA eine Positivliste veröffentlichen (www.hvbg.de/d/bia). Generell ist zu sagen, dass mehrlagige, speziell für die Zahnmedizin hergestellte MNS mit modellierbarem Nasenbügel der Studie zufolge am besten schützen.

 

RKI empfiehlt FFP-Masken

 

Bereits standardmäßig gemäß der EU-Norm geprüft werden so genannte Partikel-filtrierende Halbmasken (filtering facepiece, FFP, in den USA: NIOSH N). Die FFP-Masken sind in drei Schutzstufen erhältlich, wobei FFP1-Filter mindestens 80 Prozent, FFP2-Filter 94 Prozent und FFP3-Filter 99 Prozent eines NaCl-Prüfaerosols zurückhalten müssen. Maximal darf beim Träger entsprechend 22, 8 beziehungsweise 2 Prozent des Aerosols ankommen.

 

Die Masken garantieren bei korrektem Gebrauch im Gegensatz zu den meisten OP-Masken einen dichten Sitz. Dieser kann auf zwei Arten überprüft werden: Zum einen kann der Träger das Ausatemventil verschließen und mit leichtem Ausatmen einen Überdruck erzeugen. Zum anderen kann er, nachdem er die Maske mit beiden Händen umschlossen hat, über tiefes Einatmen und Anhalten der Luft einen Unterdruck schaffen, der wie der Überdruck erhalten bleiben sollte. Bei Bartträgern ist der Schutz der Maske verringert, ebenso bei Kindern, denen die Einheitsgrößen zu groß sind. Zwar existiert für die FFP-Masken, die üblicherweise am Arbeitsplatz vor Stäuben schützen, keine etablierte mikrobiologische Prüfmethode, ihre Wirksamkeit gegen Viren ist aber in Studien zu Sars belegt.

 

Aus diesem Grund empfiehlt das Robert-Koch-Institut auch im Falle einer Vogelgrippe-Pandemie, FFP-Halbmasken bei Patientenkontakt zu tragen. Dabei lassen sich verschiedene Risikokategorien unterscheiden (siehe Tabelle). So reicht in den meisten Fällen das Tragen einer dicht anliegenden FFP1-Maske oder eines vergleichbaren Mund-Nasen-Schutzes sowie eine Händedesinfektion mit einem »begrenzt viruzid« wirkendem Mittel für eine wirksame Infektionsprophylaxe aus. Besteht die Möglichkeit, dass die Beschäftigten Hustenstößen des Patienten ausgesetzt sind, sollten sie FFP2-Masken tragen, bei bewusster Provokation des Hustens (Bronchoskopie oder Intubieren) FFP3-Masken. Das Risiko einer Ansteckung kann zusätzlich gesenkt werden, wenn der Patient selbst einen MNS trägt, was je nach körperlicher Verfassung nicht immer zumutbar ist.

Tabelle: Schutz vor luftübertragenen Influenza-Infektionen, Empfehlung zur Verwendung von MNS und FFP-Masken

Tätigkeit MNS FFP1-Maske1 FFP2-Maske FFP3-Maske
Ambulante Versorgung und Pflege von Verdachtsfällen Patient (wenn zumutbar) Medizinisches Personal
Rettungstransport: Tätigkeiten am Patienten Patient (wenn zumutbar) Personal im Rettungstransport
Tätigkeiten im Patientenzimmer Patient (wenn zumutbar) alle
Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte Hustenstößen ausgesetzt sein können Patient (wenn zumutbar) Medizinisches Personal
Tätigkeiten mit Hustenprovokation, z.B. Bronchoskopieren, Intubieren Patient (wenn zumutbar) Medizinisches Personal

1) Geeignet ist auch ein MNS, wenn er die Anforderungen an die Geräteklasse FFP1 nach DIN EN 149 erfüllt.

Spezielle Empfehlungen für das Tragen von Masken für Apothekenpersonal existieren derzeit nicht. Generelle Aussagen sind zudem schwer zu treffen, sagte Dr. Frank Haamann von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege gegenüber der PZ. »An erster Stelle steht die Gefährdungsbeurteilung. Daraus müssen dann entsprechende Schutzmaßnahmen abgeleitet werden.« Zu Beginn der Pandemie sollten Apothekenmitarbeiter FFP2-Masken anlegen, wenn sie etwa stark hustende und offensichtlich erkrankte Patienten bedienen. Grassiert die Influenza im Gebiet der Apotheke bereits stark, könne auch das ganztägige Tragen der Maske notwendig werden. Dabei sollte man sich bewusst sein, dass der Atemwiderstand durch die Maske leicht erhöht ist, so der BGW-Experte. Zudem zählen FFP-Masken in der Regel zu den Einmalprodukten und gehören nach dem Absetzen (Händedesinfektion!) in einen verschließbaren Beutel und schließlich in den Hausmüll. Eine Wiederverwendung erhöht laut Haamann das Infektionsrisiko, und auch das Atmen kann auf Grund verstopfter Poren (Kondenswasseransammlung) erschwert sein. Nur wiederverwendbare Atemschutzmasken sollten mit einer milden Bleiche und Wasser desinfiziert werden (0,1-prozentiges Natriumhypochlorid). Die Kosten für Einmal-FFP-Masken liegen bei etwa 5 Euro pro Stück.

 

Für weitere Fragen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz in Apotheken ist Karin Gruber als Ansprechpartnerin beim BGW unter (040) 2 02 07-78 94 oder per E-Mail an pharmazie(at)bgw-online.de zu erreichen.

Literatur

<typolist type="1">

RKI, Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes zu Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Verdacht auf beziehungsweise nachgewiesener Influenza (Stand: 17. März 2006), www.rki.de

Koordinierungskreis für Biologische Arbeitsstoffe, Beschluss 609 »Arbeitsschutz beim Auftreten von Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes«, www.hvbg.de/d/bgz/praevaus/koord/kobas/vogelgr/609.pdf

Dreller, S., et al, Zur Frage des geeigneten Atemschutzes vor luftübertragenen Infektionserregern, www.hvbg.de/d/bia/pub/grl/2006_003.pdf

 

Mehr von Avoxa