Arbeiten in der Entwicklungshilfe |
27.02.2012 12:16 Uhr |
Von Clarissa Wild / Dr. Rüdiger Kilian war jahrelang in der Entwicklungshilfe tätig und ist Mitglied des Verwaltungsrates sowie Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Union Apotheker für die Dritte Welt (UNAPO). Im Gespräch mit der PZ berichtet Kilian über seine Erfahrung und belegt, dass pharmazeutisches Fachwissen auch in Übersee gefragt ist.
PZ: Herr Dr. Kilian, Sie waren in öffentlichen sowie Krankenhausapotheken in Deutschland und im Ausland tätig. Können Sie uns einige Einsätze nennen? Wie lange dauerten diese?
Kilian: Die Dauer der Einsätze war unterschiedlich. Je nach Projekt lag sie zwischen zehn Tagen und drei Jahren. Ich war 2,5 Jahre als Chefapotheker in Moshi, Tansania, tätig und später für drei Jahre Chefapotheker der Regierung der Seychellen in Mahé. Nach mehr als acht Jahren im Auslandseinsatz werde ich seit meiner Pensionierung von unterschiedlichen Organisationen um Mitarbeit in Übersee gebeten. So arbeitete ich in Osttimor, Pakistan und Burundi, um nur einige Einsatzgebiete zu nennen.
Einer der beiden Koffer des »Minilab« zur Qualitätskontrolle von Arzneimitteln in Entwicklungsländern.
PZ: Wie muss man sich das Leben als Chefapotheker in Tansania vorstellen? Wie unterscheiden sich die täglichen Aufgaben von denen in Deutschland?
Kilian: Wegen der schwierigen Versorgung mit Arzneimitteln spielte die Eigenherstellung eine wichtige Rolle. Bei Infusionslösungen musste ich aufgrund von Nachschubproblemen Gummistopfen mehrmals verwenden. Die essenziellen Augentropfen stellten wir nach dem Programm der Christoffel Blindenmission her, auch Dermatika, zum Beispiel Salben für Verbrennungsopfer, wurden von der Apotheke entwickelt und hergestellt. Wir mussten oft improvisieren, was wiederum eine interessante Herausforderung darstellte. Um die Arzneiversorgung unserer Patienten aufrechtzuerhalten, musste ich aber auch aktiv gegen Korruption und Diebstahl vorgehen. Generell war das Leben eines für die Arzneiversorgung der Patienten verantwortlichen Apothekers nicht einfach. Aber an diesem Regionalkrankenhaus konnte ich endlich klinisch tätig sein und war täglich am Krankenbett. Dies war eine gute Entschädigung für die vielen Probleme.
PZ: Das klingt abwechslungsreich und anspruchsvoll. Haben Sie spezielle Weiterbildungen gemacht?
Dr. Rüdiger Kilian schulte auch Personal in einem Kinderkrankenhaus in Haiti.
Fotos: Kilian
Kilian: Ja. Die Eigenherstellung von Infusionen war wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Ich konnte mich da-rauf im Städtischen Krankenhaus Esslingen vorbereiten. Auf dem Gebiet der aseptischen Herstellung habe ich mich in erster Linie in Großbritannien weitergebildet. Tropenmedizin habe ich vor Ort bei Visiten in der Klinik und im Selbststudium gelernt. Dazu kamen Sprachkurse in Englisch, Spanisch, Kiswahili und Französisch. Generell ist eine ständige Fortbildung aufgrund immer neuer Aufgaben und Probleme erforderlich.
PZ: Wie wird man Entwicklungshelfer? Welche Anlaufstellen gibt es?
Kilian: Am besten nimmt man mit Organisationen wie »Dienste in Übersee« (evangelische Kirche), der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst (AGKED) oder dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) Kontakt auf.
PZ: Welche Fähigkeiten sollte ein Apotheker für die Arbeit im Entwicklungsdienst mitbringen?
Kilian: Wichtig sind gute Fachkenntnisse und die Fähigkeit, sich auf andere Menschen und neue Situationen einzustellen. Interessenten sollten Freude am Beruf, am Lösen von Problemen und auch etwas Abenteuerlust haben. /
Berufsfelder: Arbeiten in der öffentlichen Apotheke, PZ 26/2011
Berufsfelder: Arbeiten in der Pharmaindustrie, PZ 30/2011
Berufsfelder: Lehren an der PTA-Schule, PZ 38/2011
Berufsfelder: Arbeiten auf dem Amt, PZ 45/2011