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Urteilsbegründung

Kein OTC in der Freiwahl

29.01.2013  19:12 Uhr

Von Anna Hohle / Apothekenpflichtige Medikamente dürfen nicht in der Freiwahl stehen. Bereits im Oktober hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) dies bekräftigt. Nun legten die Richter die Urteilsgründe vor.

Der Rechtsstreit begann bereits im Jahr 2003. Damals hatte es die zuständige Aufsichtsbehörde einem Apotheker per Ordnungsverfügung untersagt, apothekenpflichtige Medikamente in seiner Freiwahl anzubieten. Der Apotheker klagte dagegen mit dem Argument, bei Versandapotheken könnten Kunden OTC-Präparate ebenfalls ohne Beratungsgespräch erhalten. Er scheiterte jedoch in mehreren Instanzen.

Auch das BVerwG wies die Revision im vergangenen Herbst als unbegründet zurück. Das Anbieten von OTC in der Freiwahl verstoße gegen Paragraf 17 der Apothe­kenbetriebsordnung. Nun begründeten die Richter ihr Urteil: Die fachkundige Beratung durch geschultes Personal sei insbesondere in Präsenz­apotheken bedeut­sam, da Patienten hier häufig Medikamente gegen akute Beschwerden erwerben würden, so die Juristen. In Versandapo­theken dagegen kauften Patienten eher Medikamente ein, mit deren Anwendung sie bereits vertraut seien.

 

Ähnliche Regeln für Versandapotheken

 

Dennoch würden für den Versandhandel bereits jetzt ähnliche Regeln wie für Präsenzapotheken gelten, machten die Richter klar. Vor diesem Hintergrund sei etwa die Vorschrift entstanden, dass jeder Kunde bei der Bestellung eine gültige Telefonnummer angeben muss, unter der er zurückgerufen werden kann. Über­haupt sei der Versandhandel nur deswegen zugelas­sen worden, um die Arzneimittelsicherheit zu verbes­sern und zu verhindern, dass Patienten in großem Maße Medikamente aus dem Ausland bestellten, heißt es in der Begründung.

 

Auch stellten die Richter klar, das Selbstbedienungsverbot diene insbesondere dem Schutz von Menschen, »die informations- und beratungsbedürftig sind, sich dessen aber nicht bewusst sind oder davor zurückscheuen, einen Informations- und Beratungsbedarf zu erkennen zu geben«. Könnten sie OTC einfach aus dem Regal greifen, entfalle diese Schutzfunktion. Die Selbstbedienung suggeriere, dass es sich bei den angebotenen Präparaten um gefahrlose Waren handele. Der Bezahlvorgang allein genüge dem Anspruch an eine Beratung nicht, da er häufig in einer »zeitlich und räumlich bedrängten Situation« stattfinde, die ein ausführliches Gespräch verhindere.

 

Der beklagte Apotheker hatte darauf verwiesen, dass sich auch die Monopolkommission bereits für die Aufhebung des Selbstbedienungsverbots ausgesprochen hatte. Dieses Argument ließen die Richter jedoch nicht gelten. Diese Empfehlung beruhe auf rein wettbewerblichen und ökonomischen Erwägungen, doch sei die Arzneimittelsicherheit höher zu gewichten, heißt es in der Urteilsbegründung.

 

Aus demselben Grund müsse das Interesse des beklagten Apothekers an größerer Kundenorientierung und höherem Umsatz hinter der Sicherheit der Arzneimittelabgabe zurückstehen. Die Beschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit sei in diesem Fall aus gesundheitspolitischen Erwägungen gerechtfertigt und verhältnismäßig. Sie widerspreche nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz. /

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