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Sodbrennen

Rückstoß in die Einbahnstraße stoppen

05.01.2011  11:29 Uhr

Antacida, H2-Blocker oder gleich einen Protonenpumpenblocker? Welches Präparat das jeweils geeignete gegen Sodbrennen ist, hängt vor allem davon ab, wann, wie häufig und mit welcher Intensität die Beschwerden auftreten.

Antacida sind für diejenigen geeignet, die ihr Sodbrennen rasch loswerden wollen. Sie wirken in Minutenschnelle, allerdings hält ihr Effekt nur maximal zwei bis vier Stunden an, in nüchternem Zustand mitunter nur eine halbe Stunde. Sie entfalten ihre Wirkung lokal, indem sie die Magensäure neutralisieren, manche können auch das Verdauungsenzym Pepsin inaktivieren und zusätzlich aggressive Gallensäuren binden. Damit eignen sie sich besonders für gelegentlich auftretendes Sodbrennen sowie leichtere Beschwerden.

Die Produktpalette besteht aus konven­tio­nellen Magnesium- und Aluminiumver­bindungen (wie Maaloxan®, Phosphalu­gel®), Carbonat-haltigen Antacida wie Calcium- oder Magnesiumcarbonat (wie Rennie®) sowie moderneren Schichtgit­ter-Antacida wie Hydrotalcit (wie Talcid®) oder Magaldrat (wie Riopan®). Das jeweilige Mittel ist eine Stunde nach dem Essen, bei Bedarf zusätzlich nach weiteren drei Stunden, insgesamt vier- bis sechsmal am Tag, einzunehmen.

 

Nicht vergessen: Antacida mit mehrwertigen Kationen können die Resorption von Eisensalzen, Bisphosphonaten wie Alendronat, Tetracyclinen und Gyrasehemmern durch Adsorption oder Komplexbildung herabsetzen. Deshalb lautet die Empfehlung: Die genannten Arzneimittel erst zwei bis drei Stunden nach dem Antacidum einnehmen. Sonst noch wichtig: Während Magnesiumionen durch ihren osmotischen Effekt laxierend wirken, kann Aluminiumhydroxid in höheren Dosen schwach obstipierend sein. Die intestinale Passagezeit verlängert sich, weil es an Gallensäuren adsorbiert.

 

H2-Blocker für die Nacht

 

Ganz so schnell wie Antacida wirken die H2-Blocker nicht, dafür aber lang anhaltend sechs bis zehn Stunden. Es dauert rund eine halbe bis ganze Stunde, bis das Feuer in der Speiseröhre nachlässt. Die H2-Antagonisten blockieren kompetitiv den Histaminrezeptor auf den Parietalzellen der Magenschleimhaut und reduzieren damit die basale Säureproduktion.

Beschwerden genau hinterfragen

Funktionelle Dyspepsie oder Refluxösophagitis? Die genaue Diagnose ist nicht gerade einfach, ist aber entscheidend für eine erfolgreiche Therapie. Bei dyspeptischen Beschwerden ist eher ein Iberis-amara-Pflanzenauszug (Iberogast®) indiziert, bei Refluxösophagitis ein Protonenpumpenblocker.

 

Reagiert ein Patient vorrangig mit Sodbrennen, wird dies meist mit einem Säureüberschuss gleichgesetzt, und ein Protonenpumpenblocker scheint die Lösung zu sein. Doch diese können nicht helfen, wenn die Beschwerden nicht auf einem Säureüberschuss beruhen, sondern motilitätsbedingt sind. Die Patienten haben also nicht zu viel Säure, sondern eher Säure am falschen Ort, teilt das Kompetenzteam Magen, bestehend aus führenden Gastroenterologen, mit.

 

Checkliste für das Beratungsgespräch

Funktionelle Dyspepsie

Treten die Beschwerden vor allem in Zusammenhang mit Mahlzeiten auf?

Fühlen Sie sich seelisch gestresst?

Sind Sie häufig schon nach dem zweiten Bissen satt und fühlen sich aufgebläht?

Brauchen Sie eine spezielle Diät, um Beschwerden zu vermeiden?

 

Refluxösophagitis

Treten die Beschwerden vor allem nachts auf? Wachen Sie deshalb auf?

Leiden Sie derzeit unter einer zu großen Arbeitsbelastung?

Kommt es bei Ihnen häufig zu Thoraxschmerz und Aufstoßen?

Meiden Sie Bohnenkaffee und Speisen mit »schlechtem«/kaltem Fett?

 

In der Selbstmedikation können Famotidin (zurzeit außer Handel) und Ranitidin (wie Zantic®) in den Dosierungen 10 mg beziehungsweise 75 mg abgegeben werden.Wegen ihrer langen Wirkung sind sie besonders für Patienten geeignet, denen die Beschwerden vor allem nachts zu schaffen machen. Auch für die Bedarfstherapie sind sie ein guter Tipp: Wer zum Beispiel weiß, dass er nach dem monatlichen Kegelabend immer Sodbrennen bekommt, kann vorbeugend eine Tablette einnehmen. In der Selbstmedikation bietet sich auch eine fixe Kombination (Pepciddual®) aus Famotidin und zwei Antacida an, die die lange Wirkdauer des H2-Blockers mit dem schnellen Wirkungseintritt der Antacida vereint.

 

PPI mit Langzeitwirkung

 

Noch effektiver wirken Protonenpumpenblocker (PPI); ihre Wirkung hält zwischen ein und drei Tagen an. Dafür ist kein Soforteffekt zu erwarten. Zwei Vertreter dieser Substanzklasse, Omeprazol (Antra®) und Pantoprazol (Pantozol®), in einer Dosierung von 20 Milligramm, drängen seit rund eineinhalb Jahren auf den Selbstmedikationsmarkt. PPI wirken direkt am Ursprung der Säureproduktion in den Belegzellen der Magenschleimhaut und puffern nicht nur überschüssige Säure ab wie Antacida. Sie hemmen die dortige Protonenpumpe selektiv und irreversibel. Nach der Hemmung muss die Pumpe erst wieder nachgebildet werden, bevor sie erneut Säure in den Magen transportieren kann. Dieser Wirkmechanismus erklärt, warum PPI nicht sofort wirken können, dafür aber bei einmaliger Einnahme bis zu 24 Stunden lang.

Was tun, wenn`s brennt?

Mindestens 70 Prozent der Sodbrennen-Geplagten sind übergewichtig. Jedes Kilo mehr drückt auf den Magen, jedes Kilo weniger reduziert die Beschwerden.

Nach 18 Uhr nicht mehr zu üppig essen. Vorsicht mit Speisen, die lange im Magen verweilen wie Hülsenfrüchte oder Ölsardinen. Schokolade kurbelt die Säureproduktion an beziehungsweise verlängert die Magenverweildauer.

Vermeidung von Alkohol und Zigaretten. Beide schwächen den Ösophagussphinkter.

Bestimmte Medikamente wie Theophyllin, Nitropräparate, Glucocorticoide, Acetylsalicylsäure oder nicht steroidale Antirheumatika können Sodbrennen verstärken.

Arbeiten in gebückter Haltung und schweres Heben erhöhen den Druck im Bauchraum. Dies gilt es zu vermeiden.

Mit erhöhtem Oberkörper schlafen.

Wer nachts mit Sodbrennen aufwacht, sollte sich auf die linke Seite legen, um wieder einzuschlafen. »Rechtsschläfer« haben doppelt so häufig Sodbrennen wie »Linksschläfer«. Das hat anatomische Gründe: Der Mageneingang befindet sich auf der rechten Körperseite. Schläft man rechts, kann der Mageninhalt leichter in die Speiseröhre zurückfließen.

 

Um dem Säureproblem effektiv beizukommen, sollten PPI mindestens zwei bis drei Tage eingenommen werden. Warum? PPI hemmen nur aktive Protonenpumpen. Doch da normalerweise nicht alle Pumpen gleichzeitig aktiv sind, werden bei der Einnahme der nächsten PPI-Dosis die Protonenpumpen gehemmt, die bei der vorherigen Einnahme inaktiv waren. Das ist der Grund für die Einnahmeempfehlung: PPI sollen 30 bis 60 Minuten vor einer Mahlzeit auf nüchternen Magen eingenommen werden. Da die Nahrungsaufnahme die Zahl der aktiven Pumpen erhöht, können so möglichst viele Pumpen erreicht werden.

 

PPI sind in der Selbstmedikation vor allem für die Patienten geeignet, die häufiger und stärkere Beschwerden haben und nicht nur sporadisch unter Sodbrennen leiden, bei denen also eine Refluxösophagitis vorliegt. Tritt nach zwei Wochen keine Linderung ein, sollte der Apotheker den Patienten an den Arzt verweisen. Der Gang zum Gastroenterologen ist auch anzuraten, wenn

 

der Patient immer wieder die gleichen Symptome hat, zum Beispiel mehr als zehnmal im Monat.

es zu unbeabsichtigtem Gewichtsverlust von mehr als 3 kg innerhalb kürzester Zeit kommt.

der Schmerz andauernd in nüchternem Zustand oder laufend während der Nacht auftritt.

 

Die Nebenwirkungsrate ist sowohl bei H2-Blockern als auch bei PPI überschaubar. Es kann zu Durchfall, Verstopfung, Übelkeit, Schwindel oder auch Kopfschmerzen kommen. Das Interaktionspotenzial der PPI ist indes größer als das der Antacida oder der H2-Blocker. /

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