Auch Augenärzte können Anzeichen erkennen |
Daniela Hüttemann |
20.04.2021 15:45 Uhr |
Bei 85 Prozent der Patienten mit einer Sinusthrombose kommt es zu einer Stauungspapille, einer Anschwellung des Sehnervs, die jeder Augenarzt schnell und zuverlässig diagnostizieren kann. / Foto: Getty Images/Dobrila Vignjevic
Starke Kopfschmerzen sind ein Symptom der sehr seltenen Sinusthrombosen (SVT), die im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung, insbesondere nach Verimpfung der Vektorvakzine Vaxzevria® von Astra-Zeneca und Pfizer, gemeldet wurden. Sie treten bei 90 Prozent aller betroffenen Patienten auf. Seitdem der Verdacht besteht, dass die Impfung eine SVT in sehr seltenen Fällen auslösen kann, wird allen Geimpften geraten, bei starken Kopfschmerzen, die vier Tage oder später nach der Covid-19-Impfung auftreten, sofort einen Arzt aufzusuchen. Doch welche Art von Kopfschmerzen ist in diesem Zusammenhang alarmierend?
Laut dem Tübinger Neuroophthalmologen Professor Dr. Helmut Wilhelm sind es anhaltende Kopfschmerzen über mehrere Tage, die sich trotz Einnahme frei verkäuflicher Schmerzmittel nicht bessern. In diesen Fällen komme eine Untersuchung mit Computer- oder Magnetresonanztomographie in Betracht, um den Verdacht auf eine SVT auszuschließen. Das sei jedoch oft nicht zeitnah möglich. »Dann sollte man vorsichtshalber den Gang zum Augenarzt antreten«, rät Wilhelm.
Dieser könne den Augenhintergrund mit einem Augenspiegel auf eine Stauungspapille untersuchen, die eines der häufigsten klinischen Anzeichen einer Sinusthrombose darstelle. »Die Stauungspapille zeigt sich in bis zu 85 Prozent aller Fälle«, erklärt Wilhelm. Es handle sich dabei um eine Schwellung an der Austrittsstelle des Sehnervs aus der Netzhaut des Auges, hervorgerufen durch den erhöhten Hirndruck. »Damit ist die augenärztliche Untersuchung eine valide und zugleich wenig aufwändige Methode, einen großen Teil der SVT-gefährdeten Patienten niederschwellig zu erfassen«, so Wilhelm. Ein Drittel der SVT-Betroffenen leide zudem zusätzlich unter Sehstörungen.
Stellt der Augenarzt keine Veränderung an der Papille fest, gilt laut der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft erst einmal Entwarnung in puncto Hirnvenenthrombose. »Bei unklaren Befunden oder anhaltenden Beschwerden kann der Augenarzt den Augenhintergrund sicherheitshalber mit einem Foto oder mittels optischer Kohärenztomografie dokumentieren und nach drei bis fünf Tagen den Verlauf kontrollieren, um zwischen einer ungefährlichen Papillen-Anomalie und einer Stauungspapille zu unterscheiden«, empfiehlt Wilhelm.
Diagnostiziert der Augenarzt aber tatsächlich eine Stauungspapille, muss der Patient als Notfall in eine neurologische Klinik mit Stroke-Unit zur Computer- oder Magnetresonanztomografie eingewiesen werden. Die Behandlung erfolgt nicht wie normalerweise bei thrombotischen Ereignissen und »normalen« Sinusthrombosen mit Heparin, sondern mit Immunglobulinen.
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