Astra-Zeneca-Impfstoff in Großbritannien zugelassen |
Christina Hohmann-Jeddi |
30.12.2020 11:00 Uhr |
In Großbritannien hat der Vektorimpfstoff AZD1222 von Astra-Zeneca und der Universität Oxford gegen Covid-19 eine Notfallzulassung erhalten. / Foto: picture alliance / NurPhoto
Die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) hat der heimischen Vakzine »Covid-19 Vaccine AstraZeneca« eine Notfallzulassung erteilt, gab das Gesundheitsministerium in London am Mittwoch bekannt. Damit steht nach der Biontech/Pfizer-Vakzine in Großbritannien ein weiteres Präparat zum Impfen bereit. Die mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer wurde bereits am 2. Dezember zugelassen. Die Impfungen setzen am 8. Dezember ein. Inzwischen seien bereits Hunderttausende Personen geimpft worden, heißt es vom Gesundheitsministerium.
Bei der Vakzine, die von der Universität Oxford zusammen mit Astra-Zeneca entwickelt wurde, handelt es sich nicht um eine mRNA-Vakzine, sondern um einen Vektorimpfstoff auf Basis eines nicht replikationsfähigen Adenovirus von Schimpansen (ChAdOx1). Dieses enthält das Gen für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 in seinem Genom. In Körperzellen von Geimpften wird die Information für das Antigen abgelesen, das Spike-Protein gebildet und dem Immunsystem präsentiert. In Phase-III-Studien hatte der Vektorimpfstoff AZD1222 eine geringere Wirksamkeit gezeigt als die mRNA-Impfstoffe. Die Gesamtwirksamkeit lag bei etwa 70 Prozent.
Dieser Wert ergab sich allerdings aus zwei Einzelstudien mit unterschiedlichen Dosierungsschemata. Aufgrund eines Dosierungsfehlers hatten die Probanden einer britischen Studie eine halbe Impfdosis als Priming erhalten gefolgt von einer vollen Dosis als Booster nach vier Wochen. In einer brasilianischen Studie hatten die Probanden sowohl zum Priming als auch zur Boosterung eine volle Dosis erhalten, so wie es im Studiendesign vorgesehen war.
Dabei hatte sich das Versehen ausgezahlt: Denn in der britischen Studie mit der niedrigeren Dosierung zu Beginn hatte die Wirksamkeit des Impfregimes bei 90 Prozent gelegen, in der brasilianischen Studie mit zwei vollen Dosen nur bei 62 Prozent. Allerdings war die Fallzahl in der britischen Studie so gering gewesen, dass an der Aussagekraft der Ergebnisse gezweifelt wurde und weitere Phase-III-Studien mit dem wirksameren Regime im Gespräch waren. Zuletzt hatte Astra-Zeneca angekündigt, eine Phase-III-Studie mit den Entwicklern der russischen »Sputnik V«-Vakzine zu starten. Dabei sollen die beiden Vektorimpfstoffe in Kombination getestet werden.
Weitere Untersuchungen hat das MHRA nicht abgewartet und die Zulassung auf Basis der bisherigen Daten erteilt. Sie gilt für Personen ab 18 Jahren, wobei jeder Geimpfte zwei volle Dosen von 5 x 1010 Viruspartikeln im Abstand von mindestens vier bis maximal zwölf Wochen erhalten soll. das ist auf der MHRA-Informationsseite für Angehörige des Gesundheitswesens zu dem Impfstoff nachzulesen.
In Großbritannien sollen bereits am 4. Januar die ersten Impfungen stattfinden, wie Gesundheitsminister Matt Hancock mitteilte. Es sei »brilliant, das Jahr 2020 mit einem solchen Moment der Hoffnung zu beenden«, so Hancock. Dabei soll die Behörde einem Bericht der »New York Times« zufolge die Vorgabe gemacht haben, möglichst viele Personen mit einer ersten Dosis zu impfen, ohne Dosen für die zweite notwendige Impfung vorzuhalten, um zumindest schon einen Teilschutz bei den Geimpften zu erreichen.
Die Vektorvakzine AZD1222 ist zwar weniger wirksam als die mRNA-Impfstoffe, die einen etwa 95-prozentigen Schutz bieten. Sie hat aber andere Vorteile: Sie ist kostengünstiger und zudem auch weniger anspruchsvoll bei der Kühlung und dem Transport. So kann sie bei 2 bis 8 °C gelagert werden, während die mRNA-Impfstoffe eine Kühlung von -20 °C beziehungsweise -70 °C benötigen. So erklärt Hancok laut einer Mitteilung von Astra-Zeneca: Diese Vakzine werde einigen der ärmsten Regionen der Welt zu niedrigen Preisen zur Verfügung gestellt werden, »um unzählige Menschen vor dieser schrecklichen Krankheit zu schützen«.
In der EU befindet sich der Impfstoff von Astra-Zeneca und der Universität Oxford in der Beurteilung. Ein entsprechendes Rolling-Review-Verfahren startete die europäische Arzneimittelbehörde EMA am 1. Oktober. Wann der Impfstoff in der EU zugelassen wird, ist unklar. Bislang wurde noch kein Zulassungsantrag gestellt. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte heute in einer Pressekonferenz in Berlin, dass er von einer zügigen und gründlichen Bearbeitung des entsprechenden Verfahrens durch die EMA ausgehe.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.