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Cannabis-Legalisierung

Apotheker befürchten »heilberuflichen Konflikt«

Das Vorhaben der Bundesregierung, Erwachsenen den Kauf und Konsum von bis zu 30 Gramm Cannabis zu erlauben, ist sehr umstritten. Während die Pläne bei Apothekern und Ärzten auf Skepsis und Ablehnung stoßen, gehen sie der FDP nicht weit genug. Ob das Vorhaben umgesetzt werden kann, ist allerdings noch offen, da zunächst die EU grünes Licht geben muss.
Anne Orth
27.10.2022  15:35 Uhr

Das Bundeskabinett hat gestern Eckpunkte zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken verabschiedet. Die PZ hat darüber ausführlich berichtet. Demnach sollen Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) in Deutschland künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Über-18-Jährige sollen 20 bis 30 Gramm straffrei kaufen und konsumieren dürfen, unabhängig vom THC-Gehalt. Der private Eigenanbau soll in begrenztem Umfang erlaubt sein. Anbau und Vertrieb sollen einer strikten staatlichen Kontrolle unterliegen. Geplant ist die Abgabe an Erwachsene ab 18 Jahren in lizenzierten Fachgeschäften, gegebenenfalls auch in Apotheken. Für Minderjährige bleiben Anbau, Erwerb und Genuss auch künftig verboten.

Mit der Legalisierung will die Bundesregierung den Cannabiskonsum entkriminalisieren und einen verbesserten Jugend- und Gesundheitsschutz erreichen, betonte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bei der Vorstellung der Eckpunkte. Ob es wirklich dazu kommt, ist allerdings noch offen. Bevor das Bundesgesundheitsministerium einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen kann, muss zunächst die EU-Kommission den Plänen zustimmen. Sollte sie grünes Licht geben, kann Cannabis für Erwachsene frühestens 2024 legal werden.

Arzneimittelkommission lehnt Freigabe ab

Die Pläne der Bundesregierung sind umstritten. Insbesondere bei Apothekern und Ärzten stoßen sie auf Kritik bis hin zu Ablehnung. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hat sich bereits im Februar gegen die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken ausgesprochen und vor gesundheitlichen Folgen gewarnt. Mit Blick auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sollte »jeglicher Cannabisgebrauch im Kindes- und Jugendalter vermieden werden«.

Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, sieht sich sowie seine Kolleginnen und Kollegen künftig »in einem heilberuflichen Konflikt«. Einerseits seien Pharmazeuten wegen ihrer fachlichen Expertise bestens geeignet, die notwendigen hohen Qualitätsstandards bei der Abgabe und Beratung zu erfüllen. »Andererseits sind Apothekerinnen und Apotheker Heilberufler«, sagte er der Rheinischen Post. Zudem behagt Preis nicht, dass bei einer Abgabe von Cannabis in Apotheken Pharmazeuten künftig mit Drogenhändlern konkurrierten: »Besonders kritisch wird auch eine mögliche Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern gesehen.«

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening kritisiert ebenfalls, dass Apotheker als Heilberufler in einen »Zielkonflikt« gerieten, wenn sie an der Abgabe von Cannabis beteiligt wären. »Wegen der Nebenwirkungen lehnen wir den Verkauf zu Genusszwecken grundsätzlich ab«, machte Overwiening gegenüber der PZ deutlich. Sollte Cannabis aber ohnehin legal werden, würden die Apotheker ihre Hilfe anbieten, »um bei Qualität und Beratung ein Höchstmaß an Verbraucher- und Jugendschutz zu gewährleisten«, so Overwiening.

Der Berliner Apotheker-Verein geht im Moment nicht davon aus, dass seine Mitglieder nach einer möglichen Legalisierung Cannabis als Genussmittel vertreiben. Geschäftsführerin Susanne Damer sieht Apotheker ebenfalls in einem Zielkonflikt. Denn Apotheken seien für die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung zuständig und nicht für den Verkauf von Genussmitteln.

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