Angriff auf die Lunge |
T-Lymphozyten mit genetisch modifizierten chimären Antigenrezeptoren (CAR-T-Zellen) haben die Therapie von malignen hämatologischen B-Zell-Erkrankungen revolutioniert. Durch die Interaktion des CAR-Rezeptors mit dem Zielantigen, zum Beispiel CD19 oder BCMA auf B-Lymphozyten, kommt es zur Aktivierung der T-Zellen und zu einer erwünschten Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen (23).
Ein Zytokin-Freisetzungssyndrom ist potenziell lebensbedrohlich. Häufig ist eine Beatmung erforderlich. / Foto: Getty Images/Siqui Sanchez
Bei einer überschießenden Freisetzung der proinflammatorischen Mediatoren spricht man von einem Zytokin-Freisetzungssyndrom oder bei besonders schweren Verläufen von einem Zytokinsturm. Klinisch äußert sich das Syndrom durch grippeähnliche Symptome und Fieber; zudem kann es zu Organschäden kommen. Vor allem die Lunge ist betroffen. Durch eine Zytokin-vermittelte vaskuläre Permeabilitätssteigerung kann es zu einem Lungenödem und interstitiellen Lungenerkrankungen kommen (24). Die Folge ist eine respiratorische Insuffizienz, die häufig eine Beatmung erfordert.
Als wirksame Therapie hat sich Tocilizumab, ein anti-IL-6-Antikörper, erwiesen. Der Zytokinsturm ebbt nach wenigen Tagen ab und die geschädigte Lunge erholt sich in der Regel wieder vollständig.
Auch Antibiotika führen häufig zu Nebenwirkungen an der Lunge. In der Regel handelt es sich um Typ-I- und Typ-IV-Allergien. Betalactam-Antibiotika sind das prominenteste Beispiel. Auch für Nitrofurantoin sind derartige allergische Reaktionen bekannt; allerdings wirkt es auch direkt toxisch an der Lunge (25).
Nitrofurantoin wird als Mittel der ersten Wahl bei einer unkomplizierten Harnwegsinfektion eingesetzt. Es ist ein Prodrug, das in Bakterien durch Nitroreduktasen zu Nitroso-Verbindungen umgesetzt wird. Diese Reduktionsmetaboliten führen durch Adduktbildung mit der bakteriellen DNA zu Strangbrüchen.
Allerdings wurden auch pulmotoxische Nebenwirkungen wie interstitielle Pneumonie bis hin zu tödlich verlaufenden Lungenfibrosen beschrieben (Tabellen 1 und 2). Die Häufigkeit und Schwere dieser Reaktionen nimmt mit der Dauer der Anwendung zu. Meist treten diese unter Langzeittherapie über mehr als sechs Monate auf. Die Nebenwirkungen lassen sich damit erklären, dass auch in der Lunge Enzyme vorkommen, die die Bildung von reaktiven zytotoxischen Nitroso-Verbindungen katalysieren.
Klinisches Bild | Beispiele ursächlicher Arzneistoffe | |
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Husten | ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorenblocker (Sartane), Fentanyl, Mycophenolat-Mofetil, Nitrofurantoin, Propofol, Statine | |
Bronchospasmus | ACE-Hemmer, Amiodaron, Amphotericin B, ß-Adrenorezeptor-Antagonisten, Cholinesterase-Inhibitoren wie Neostigmin, NSAR, direkte Parasympathomimetika wie Pilocarpin, Opioide, Pentamidin, trizyklische AntidepressivaCyclophosphamid, Gemcitabin, Paclitaxel | |
eosinophile Lungenerkrankung | BleomycinACE-Hemmer, Amiodaron, Carbamazepin, Cephalosporine, Cotrimoxazol, Minocyclin, Penicilline, Penicillamin, Phenytoin, Propylthiouracil, Tetracyclin, Statine, Sulfosalazin |
Nitrofurantoin darf daher in der Rezidivtherapie und Prophylaxe nicht länger als sechs Monate angewendet werden (26). Beim Auftreten von Lungenreaktionen wie Atemnot, Husten und Fieber sollte die Therapie abgebrochen und eine systemische Glucocorticoid-Therapie eingeleitet werden. Zudem darf kein Reexpositionsversuch erfolgen.