Angriff auf die Lunge |
Auch in Zeiten der Ablationstherapie bei Vorhofflimmern ist Amiodaron ein wirksamer und unverzichtbarer Arzneistoff bei supraventrikulären und ventrikulären Tachyarrhythmien. Die pulmonale Toxizität ist die wichtigste unerwünschte Wirkung des Antiarrhythmikums (Tabellen 1 und 2).
Dieser Effekt ist auf eine direkte Toxizität des Arzneistoffs zurückzuführen und tritt daher dosisabhängig auf. Bei einer früher durchaus üblichen Hochdosistherapie mit mehr als 400 mg/d traten pulmonale Nebenwirkungen bei 5 bis 15 Prozent der Patienten auf (27). Eine effektive antiarrhythmische Therapie gelingt jedoch auch mit therapeutischen Dosen unter 200 mg/d. Tatsächlich kommt es dann »nur« bei 0,1 bis 0,5 Prozent der Patienten zu pulmonalen Nebenwirkungen, häufig in Form einer irreversiblen Lungenfibrose (28).
Grund hierfür ist, dass sich Amiodaron als amphiphiler Arzneistoff in Lysosomen und Endosomen der Zelle einlagern kann und so den zellulären Phospholipidtransfer behindert. Besonders empfindlich reagieren Typ-II-Pneumozyten, die auch für die Bildung des Surfactants verantwortlich sind. Es kommt zu einer Hyperplasie der Pneumozyten und einer Verbreiterung der Alveolarsepten mit einem zellulären entzündlichen Infiltrat und einer unterschiedlich stark ausgeprägten interstitiellen Fibrose (29).
Hohes Alter und bestehende Lungenerkrankungen sind Risikofaktoren der Amiodaron-vermittelten Lungentoxizität. Vor Therapiebeginn werden daher eine Testung der Lungenfunktion und eine Thorax-Röntgenaufnahme empfohlen, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollten.
Zahlreiche Studien belegen, dass die Einnahme von β-Adrenorezeptor-Antagonisten (Betablocker) mit einer Zunahme der bronchialen Hyperreagibilität sowie Einschränkungen des Atemflusses einhergeht (30). Bei bestehendem Asthma können β-Rezeptorenblocker Exazerbationen auslösen, weil es zu einer ungebremsten Freisetzung von Acetylcholin kommen kann (Tabelle 2). Nicht selten passiert dies sogar nach der Anwendung von Augentropfen, weil es über eine Resorption der Wirkstoffe über die Nasenschleimhaut zu einer systemischen Wirkung kommen kann (31).
Antihypertonika: Paradebeispiele für pulmonale Nebenwirkungen sind der ACE-Hemmer-induzierte Husten und Betablocker-induzierte Bronchospasmen. / Foto: Getty Images/ibnjaafar
Ähnliches gilt für das direkte Parasympathomimetikum Pilocarpin.
In der Glaukomtherapie von Asthmapatienten sind daher Carboanhydrase-Hemmer wie Dorzolamid und Brinzolamid und α-Sympathomimetika wie Brimonidin die bessere Wahl.
Die systemische Gabe von β-Rezeptorenblockern bei Asthmapatienten galt lange Zeit grundsätzlich als kontraindiziert. Diese Auffassung hat sich in den letzten Jahren geändert. Während Betablocker bei Hypertonie nicht angezeigt sind, sollten sie bei klarer kardialer Indikation wie der Herzinsuffizienz gegeben werden. Auszuwählen sind kardioselektive Betablocker, die zu Beginn in geringer Dosis und unter engmaschiger Überwachung möglicher Symptome einer Atemwegsobstruktion eingesetzt werden (32).