Angriff auf die Lunge |
Auftreten und Symptome einer medikamentös ausgelösten Lungenerkrankung sind komplex. Anamnese und bildgebende Verfahren sind wichtige Bausteine der Diagnostik. / Foto: Getty Images/FatCamera
Medikamentös induzierte Erkrankungen an der Lunge können sich in vielfältigen klinischen Erscheinungsbildern äußern, die vom banalen Husten bis hin zum lebensbedrohlichen akuten Atemnotsyndrom (ARDS) reichen. Besonders häufig treten Erkrankungen an den Atemwegen und sogenannte interstitielle Lungenerkrankungen auf. Bei Letzteren handelt es sich um eine heterogene Gruppe von mehr als 100 verschiedenen Entitäten, die das Epithel der Lungenbläschen, das Endothel der Lungenkapillaren, die Basalmembran sowie das Binde- und Stützgewebe rund um die Blutgefäße und kleinen Atemwege betreffen.
Am Anfang der interstitiellen Lungenerkrankungen stehen häufig entzündliche Prozesse im Vordergrund. Im Verlauf solcher Alveolitiden kann es zu einer zunehmenden Vernarbung bis hin zur Lungenfibrose kommen.
Die genaue Häufigkeit einer medikamentös bedingten Lungentoxizität ist schwer abzuschätzen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass klinische, radiologische und auch morphologische Befunde häufig sehr unspezifisch sind und andere Ursachen, vor allem Infektionen, ausgeschlossen werden müssen. Nicht selten begünstigen medikamentös ausgelöste Lungenschäden das Risiko für eine bronchopulmonale Infektion, was die Identifizierung eines pneumotoxischen Arzneistoffs drastisch erschwert (1).
Insgesamt geht man davon aus, dass 14 Prozent aller schweren Asthmaanfälle und 10 Prozent aller ARDS-Erkrankungen auf Arzneistoffe zurückzuführen sind. Dies gilt auch für 3 bis 5 Prozent aller interstitiellen Lungenerkrankungen (2). Besonders die akute eosinophile Pneumonie, eine Unterform der interstitiellen Lungenerkrankung, tritt häufig nach Medikamentengabe auf und ist durch Einwanderung von eosinophilen Granulozyten gekennzeichnet.
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass viele medikamentös bedingte pulmonale Schädigungen, gerade aufgrund der unspezifischen Symptome, nicht erkannt werden (3).
Husten und Atemnot können viele Ursachen haben. Eventuell sind Medikamente die Auslöser. / Foto: Getty Images/Vladimir Vladimirov
Für viele Medikamente wurden Nebenwirkungen an den Atmungsorganen beschrieben. Zytostatika und Krebstherapien stehen an erster Stelle einer solchen Pulmotoxizität, gefolgt von Antirheumatika, Antibiotika, nichtsteroidalen Antiphlogistika, Psychopharmaka und Antiarrhythmika (4).
Seit 1995 existiert eine Datenbank, die ständig aktualisiert wird und in der alle medikamentös induzierten Nebenwirkungen an der Lunge erfasst werden (www.pneumotox.com). Aktuell sind mehr als 1100 potenziell pneumotoxische Arzneistoffe aufgeführt, darunter auch als gut verträglich geltende, rezeptfrei erhältliche. Die Datenbank gibt einen ersten Einblick, ob und wie häufig ein Arzneistoff die Atmungsorgane schädigt.