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Start-up Mayd

ABDA: Arzneimittel-Lieferdienst ist rechtlich unzulässig

Das Unternehmen Mayd liefert mithilfe von Fahrradkurieren innerhalb von 30 Minuten Arzneimittel im Berliner Stadtgebiet aus. Das Start-up setzt dabei auf Kooperationen mit den Vor-Ort-Apotheken. Die ABDA stuft den Einsatz externer Boten allerdings als apothekenrechtlich unzulässig ein.
Charlotte Kurz
18.10.2021  16:00 Uhr

Lieferdienste haben insbesondere während der Coronavirus-Pandemie nochmal an Beliebtheit gewonnen. Sich innerhalb weniger Minuten Lebensmittel, Getränke und Essen nachhause liefern lassen zu können, gehört in Großstädten mittlerweile zum Alltag. Meist übernehmen dabei Fahrradkuriere die Auslieferungen. Auch die Option, sich Medikamente von der Apotheke liefern zu lassen, ist mit der Einführung des Botendienstes und der entsprechenden Vergütung für Apotheken – pro Lieferort gibt es 2,50 Euro – bereits möglich geworden. Allerdings ist es üblich, dass Apotheken die Botendienste selbst managen und ihre Kunden mit eigenem Personal beliefern.

In Berlin hat allerdings ein Start-up angefangen, die Arzneimittel-Lieferungen für Apotheken zu übernehmen. Das Unternehmen Mayd verspricht in rund 30 Minuten nicht-rezeptpflichtige und freiverkäufliche Medikamente per Roller- oder Fahrradkurier nach Hause zu liefern. Mayd arbeitet damit in Kooperation mit lokalen Apotheken, die die Arzneimittel an die Boten übergeben, die wiederum die Lieferung übernehmen. Täglich zwischen 8 bis 24 Uhr soll die schnelle Lieferung möglich sein. Derzeit ist das Angebot in den Berliner Innenstadt-Bezirken möglich, Mayd will aber laut Informationen der Website sein Geschäftsprinzip bald auch auf andere Städte ausdehnen. Für die Kunden fallen keine Lieferkosten an. Medikamente können zwar auch direkt in der Apotheke abgeholt werden, die Abholung ist allerdings erst 2 Stunden später abholbereit, informiert das Unternehmen auf der Website. Und: Das Start-up hat langfristig auch verschreibungspflichtige Medikamente im Blick. Mit der Einführung des E-Rezepts plant Mayd ab 2022 auch die Auslieferung von Rx-Arzneimitteln.

Dieses Geschäftsprinzip ist aber nicht unumstritten. In der Apothekenbetriebsordnung ist geregelt, wer die Botendienste übernehmen darf. In Paragraf 17 Absatz 2 heißt es: »Die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke ist ohne Erlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes zulässig.« Nur wenn Rezepte von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vor der Auslieferung nicht in der Apotheke vorliegen oder wenn keine Beratung stattgefunden hat, muss die Zustellung »durch pharmazeutisches Personal der Apotheke erfolgen«.

ABDA: Nur Apothekenpersonal darf ausliefern

Für die ABDA ist damit aber klar, dass der Betriebserlaubnisinhaber, sprich der Apothekeninhaber die Auslieferung von Arzneimitteln nur gestatten darf, wenn der Bote zu »seinem Personal« gehört. Demnach ist der Einsatz externen Personals apothekenrechtlich unzulässig, sagte die Bundesvereinigung der PZ. Der Verordnungsgeber habe durch die Formulierung auf Boten »der Apotheke« zum Ausdruck gebracht, dass der Bote zum Personal der Apotheke gehören müsse, also arbeitsvertraglich an den Betriebserlaubnisinhaber gebunden sei. Eine auf einer sonstigen vertraglichen Regelung vereinbarte Weisungsbefugnis reicht demnach nicht aus, betont die ABDA.

Auch bei Mayd selbst hakte die PZ nach, inwiefern sie ihr Geschäftsmodell rechtlich begründen, allerdings beantwortete das Start-up die Anfrage nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass es seine Geschäftsidee auf die Begründung der Verordnung fußt, die 2019 die Apotheken-Betriebsordnung geändert hatte. Die Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) änderte die Betriebsordnung in sofern, dass im entsprechenden Absatz nun vom »Boten der Apotheke« die Rede ist. In der Begründung der Verordnung schrieb das BMG dazu: »Der Botendienst der Apotheken wird neu geregelt. Hierunter ist die Zustellung durch Personal der Apotheke oder auch externes Personal, das der Weisungshoheit der Apothekenleitung untersteht, zu verstehen. Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei der Zustellung durch nicht durchgehend weisungsgebundene beauftragte externe Dienstleister um Versandhandel.« Damit könnte mit »Bote der Apotheke« zwar theoretisch auch externes Personal gemeint sein, dieses muss aber konkret der Weisungshoheit der Apotheke unterstehen. Wie dies gewährleistet werden kann, wenn Mayd-Kuriere nicht mit der jeweiligen Apotheke, sondern mit dem Lieferdienst einen Arbeitsvertrag geschlossen haben, ist demnach offen. Zudem sind Begründungen von Gesetzes- und Verordnungstexten meist rechtliche Grauzonen, die nur zum besseren Verständnis dienen sollen und nicht den gleichen rechtlichen Status wie die Gesetzestexte selbst haben.  

Die Diskussion um diese Auslegung der Apothekenbetriebsordnung erinnert dabei an den Vorstoß der Apothekergenossenschaft Noweda, die vergangenes Jahr einen externen Botendienst für Apotheken anbieten wollte. Damals hatte die ABDA das Vorhaben ebenfalls scharf kritisiert. Ulrich Laut, Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Hessen bemängelte, dass dieses Vorhaben nicht mit der Apotheken-Betriebsverordnung zu vereinbaren sei. Zudem sei der Wortlaut der Verordnung aus den oben genannten Gründen unpräzise. Laut forderte damals, dass der Gesetzgeber diese Problematik im Rahmen des Vor-Ort Apotheken-Stärkungsgesetzes (VOASG) nachbessern sollte, dies ist allerdings nicht geschehen. Das VOASG ist mittlerweile in Kraft getreten, allerdings ohne Nachbesserung in diesem Punkt.

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