Wie der Körper Infekte abwehrt |
Bei einer Infektion fühlen wir uns häufig schlapp und fiebrig, was durch die Sofortreaktion des Immunsystems und Bildung der verschiedenen Zytokine bedingt ist. Zusätzlich kann es – je nach Pathogen – zu mehr oder weniger schweren Gewebeschädigungen im Körper kommen, seien es die Bläschen bei einer Herpesinfektion oder aber die geschädigten Endothelien bei einer Ansiedelung von EHEC-Bakterien. Diese Schäden kommen zum Beispiel bei einer Virusvermehrung mit anschließender Lyse der Wirtszelle oder bei Exotoxinen wie dem Choleratoxin direkt durch die Erreger zustande.
Körperzellen können aber auch dadurch geschädigt werden, dass aktivierte Immunzellen sie attackieren oder Antikörper-/Antigenkomplexe ihre Zerstörung vermitteln. Die Krankheit kommt also oft eigentlich durch den an sich positiven Effekt zustande, dass sich der Köper gegen ein Pathogen wehrt und dieses eliminiert.
Können wir vorhersagen, wer an einer Grippe oder bei einem EHEC-Ausbruch an einem hämolytisch-urämischen Syndrom erkranken wird? Das wäre bei einer Pandemie sehr hilfreich, um beispielsweise gezielt die besonders Gefährdeten impfen zu können. Einerseits sind äußere Faktoren beteiligt, aber ebenso bestimmt die genetische Ausstattung eines Menschen, wie er auf eine Infektion reagiert. Dies betrifft vor allem die Gene, die die Immunantwort beeinflussen.
Einer der schwerwiegendsten Gendefekte ist von der Adenosin-Desaminase bekannt. Kann dieses Enzym nicht gebildet werden, kommt es zu einer angeborenen schweren Störung des Immunsystems und die Betroffenen müssen strikt vor möglichen Pathogenen abgeschirmt werden. Derart schwere Beeinträchtigungen, die beispielsweise die Entwicklung der T-Lymphozyten stören, lassen sich relativ gut bestimmten Mutationen zuordnen.
Sehr viel schwieriger ist es vorherzusagen, ob sich jemand eher mit Rhino- oder mit Hepatitisviren infizieren kann. Um eine Korrelation zwischen einer bestimmten Infektion und einer genetischen Ausstattung feststellen zu können, müssen viele epidemiologische Daten von Betroffenen gesammelt und mit Genomanalysen verglichen werden. Ob und inwieweit die Ergebnisse kausal zusammenhängen, muss anschließend untersucht werden.
Eine echte Kausalität konnte bereits in den 1950er-Jahren zwischen HbS, einer Mutation im Hämoglobin-Gen, die für die Bildung sogenannter Sichelzellen verantwortlich ist, und einem Schutz vor schwerer Plasmodium-falciparum-Malaria identifiziert werden. Ebenso ist mittlerweile bekannt, dass eine Deletion im Gen für den Chemokinrezeptor CCR5 vor einer Infektion mit bestimmten HI-Viren schützt. Bei anderen ansteckenden Krankheiten ist es sehr viel schwieriger, entsprechende Korrelationen festzustellen.
Die WHO veröffentlicht regelmäßig Empfehlungen für die Influenza-Forschung, in denen unter anderem die Suche nach Suszeptibilitätsfaktoren gegenüber den Grippeviren hoch priorisiert wird. Bekannt ist mittlerweile, dass beispielsweise der Toll-like-Rezeptor 3 oder das Interferon-induzierte Transmembranprotein 3 (IFITM3) daran beteiligt ist, ob es zu einer schweren Verlaufsform einer Influenza kommt. Ob diese und andere Korrelationen irgendwann zu Therapieempfehlungen führen können, ähnlich wie bei CCR5 und HIV, ist allerdings fraglich.
Bisher lassen sich keine klaren Vorhersagen machen, wer wann von welchen Pathogenen infiziert und dadurch krank wird. Faszinierend ist nach wie vor, dass das Immunsystem durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Zellen und Proteine funktioniert und für eine Elimination von Eindringlingen und entarteten Körperzellen sorgt, während die gesunden Strukturen üblicherweise nicht behelligt werden.
Professor Dr. Robert Fürst studierte Pharmazie und erhielt 2001 die Approbation als Apotheker. Anschließend folgten Promotion und Habilitation (2011) im Fach Pharmazeutische Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit Ende 2012 hat Professor Fürst die W3-Professur für Pharmazeutische Biologie im Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main inne. Seit 2016 ist er Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmazeutische Biologie, seit 2017 Prodekan des Fachbereichs Biochemie, Chemie und Pharmazie. Sein Forschungsschwerpunkt sind die molekularen Wirkmechanismen von Naturstoffen.
Dr. Ilse Zündorf studierte Biologie von 1984 bis 1990 an der Universität Erlangen. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität of Kentucky, Lexington, USA, wurde sie 1995 am Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Frankfurt promoviert. Zunächst als Akademische Rätin, seit 2001 als Akademische Oberrätin arbeitet sie am Institut für Pharmazeutische Biologie der Goethe-Universität Frankfurt. Ihre Forschungsthemen betreffen Herstellung und Charakterisierung monoklonaler Antikörper, Herstellung und Modifikation rekombinanter Antikörperfragmente sowie die Etablierung von zellulären Testsystemen zur Wirkstoffsuche.