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Primäre Non-Adhärenz
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Wenn der Patient das erste Rezept gar nicht einlöst

Studien zufolge wird mindestens jede zehnte Erstverordnung für eine medikamentöse Therapie gar nicht erst eingelöst. Warum ist das so und wie lässt sich das ändern? Damit befassten sich ein Pharmazie- und ein Kardiologie-Professor in einem aktuellen Review.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 27.07.2023  17:55 Uhr

Patienten persönlich ansprechen und mitentscheiden lassen

Was kann man nun tun, um die primäre Adhärenz zu verbessern? Manchmal reicht ein einzelner automatischer Anruf oder Brief, zeigte ein Studie, in der kontrolliert werden konnte, ob das Statin-Rezept eingelöst wurde. In einer anderen Studie dagegen hatten solche automatischen Erinnerungen keinen Effekt. Anders sah es aus, wenn die Apotheke persönlich anrief.

Wichtig sei auch, die Patienten in die Therapieentscheidung mit einzubinden, damit diese die Medikamenten-Anwendung mittragen. »Patienten müssen die Art des medizinischen Problems verstehen, genau wie die Vor- und Nachteile einer (Nicht-)Behandlung mit der am wirksamsten und sichersten gewählten Medikation«, betonen die Autoren.

Besonders problematisch: Lebenslange Behandlung nötig

Dies gelte vor allem, wenn die Behandlung über einen langen Zeitraum, vielleicht sogar lebenslang erforderlich ist, da dies ein besonders hohes »Commitment« verlange. Löst ein Patient dagegen ein Rezept für ein Schmerzmittel für ein akutes Problem nicht ein, ist dies als weniger problematisch einzustufen, da der Schmerz auch von allein vergehen kann.

Und manchmal kann es auch gute Gründe geben, ein Rezept erst einmal liegen zu lassen – beim sogenannten Wait-and-See-Ansatz, den Ärzte zum Beispiel manchmal bei Antibiotika-Verordnungen praktizieren. Dabei erhält der Patient zwar eine Verordnung, soll aber erst einmal noch ein paar Tage abwarten, wie sich die Infektion entwickelt – und im besten Fall das Rezept erst gar nicht einlösen. So erspart man sich weitere Arztbesuche und schont Ressourcen, indem der Patient nicht unnötig eine Packung Antibiotika zu Hause liegen hat.

Non-Adhärenz besser verstehen

»Mehr Forschung ist notwendig, um besser zu verstehen, warum Patienten auf eine evidenzbasierte Pharmakotherapie verzichten, und um gezielte Interventionen zu finden«, schließen die Autoren. Ein Problem ist beispielsweise, dass primäre Non-Adhärenz im derzeitigen Setting in Deutschland gar nicht erfasst werden kann. Der Arzt weiß gar nicht, ob sein Patient das Medikament abgeholt hat. Möglicherweise haken Mediziner aber auch nicht genügend nach, ob und wie ein Patient mit seinen Medikamenten klar kommt, da ihnen das Ausmaß der Non-Adhärenz, primärer wie sekundärer, gar nicht bewusst ist, mutmaßen Schulz und Laufs.

Einer Studie zufolge waren sich die Verordner bei weniger der Hälfte von Patienten mit Einlösungs-Lücken in den Apotheken-Daten über die Non-Adhärenz bewusst. Die Folge könne eine Intensivierung der Medikation oder gar invasive Methoden sein, wenn zum Beispiel der Blutdruck einfach nicht sinken will. Ärzte sollten daher besser geschult werden, Non-Adhärenz zu erkennen und dieser entgegenzuwirken, empfehlen Schulz und Laufs. Elektronische Patientenakten könnten hier mehr Licht ins Dunkel bringen. Auch Apotheken-basierte Interventionen könnten, sollte das Rezept elektronisch anlanden, hier weiterhelfen.

So lautet denn auch ihr Fazit: »Maßnahmen zur Verringerung der primären Non-Adhärenz bei Medikamenten könnten – sobald sie sich als wirksam erwiesen haben – eine wichtige neue Möglichkeit zur Reduzierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen.«

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