| Daniela Hüttemann |
| 27.07.2023 17:55 Uhr |
Exakte Zahlen für Deutschland liegen nicht vor, da bislang nicht erfasst werden kann, ob ein Patient sein Rezept auch einlöst. Die elektronische Patientenakte (EPA) könnte das ändern. In den USA zeigte eine Studie mit knapp 200.000 elektronischen Verschreibungen bereits im Jahr 2010, dass von den rund 82.000 Erstverordnungen nur 72 Prozent auch eingelöst wurden. Am häufigsten nicht eingelöst wurden Rezepte für Diabetes (31,4 Prozent), Dyslipidämie (28,2 Prozent) und Bluthochdruck (28,4 Prozent).
Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden, die ebenfalls auf elektronischen Verordnungsdaten basiert, kam bei etwa 180.000 Neuverschreibungen für knapp 66.000 Patienten auf eine primäre Non-Adhärenz von durchschnittlich 11,5 Prozent. Als assoziierte Risikofaktoren machten die niederländischen Forschenden vor allem viele Komorbiditäten (mindestens drei) und die Kostenübernahme aus.
Die Daten deuten auch daraufhin, dass die primäre Non-Adhärenz vor allem bei der Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen hoch ist, also wenn der Patient ein erhöhtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hat, aber noch keinen Herzinfarkt, Schlaganfall oder ähnliches Ereignis durchlebt hat. Diese Patienten lösten bis zu 40 Prozent der Erstverordnungen nicht ein.
Sie werden von möglichen Nebenwirkungen oder der Angst vor einer Abhängigkeit abgeschreckt, sie haben Zweifel an der Notwendigkeit und der Wirksamkeit und/oder sie hoffen auf alternative Möglichkeiten wie eine Ernährungsumstellung oder Nahrungsergänzungs- und pflanzliche Mittel. Hier stimmt offensichtlich die Einschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses nicht, vor allem bei den Statinen.
Weitere potenzielle Gründe neben den bereits genannten sind Polypharmazie, hohe Zuzahlungen / keine Kostenübernahme, niedriges Einkommen, geringe soziale Unterstützung, Verlegung in ein Pflegeheim, asymptomatische Erkrankungen wie Bluthochdruck und Hyperlipidämie und lange Wege zur nächsten Apotheke.
Interessanterweise scheinen auch Papier-Rezepte seltener eingelöst zu werden als elektronische Verschreibungen. Auffällig war auch, dass die meisten Rezepte innerhalb einer Woche eingelöst werden. Wer es länger liegen lässt, löst es tendenziell eher nicht ein.