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Pharmakotherapie

Welchen Einfluss hat die Epigenetik?

Die Fortschritte in der epigenetischen Forschung haben Einzug in die Pharmakotherapie gefunden. Epigenetische Modifikationen beeinflussen die Arzneimittelwirkung, können aber auch selbst durch Arzneistoffe, Ernährung und Umweltfaktoren beeinflusst werden. Die Epigenetik könnte zu einem wichtigen Element der stratifizierten personalisierten Medizin werden.
AutorKontaktEva Gottfried
Datum 06.02.2022  08:00 Uhr

Wirksamkeit, Toxizität und Nebenwirkungen vieler Arzneistoffe können von Patient zu Patient variieren. Das wird häufig auf genetische Varianten der ADME-Gene zurückgeführt, die zum einen vererbt werden, zum anderen durch Mutation entstehen und Absorption, Distribution, Stoffwechsel und Exkretion (ADME) bestimmen (1). So wird der aktive Metabolit des Thrombozytenaggregationshemmers Clopidogrel über CYP2C19 gebildet und hemmt den Adenosindiphosphat-Rezeptor (P2Y12-Rezeptor) auf Thrombozyten. CYP2C19 tritt in verschiedenen Genvarianten auf, die mit unterschiedlich starker Hemmung der Thrombozytenaggregation korreliert sind und als relevant für die Dosisfindung erachtet werden (2).

In den vergangenen Jahren wurde allerdings deutlich, dass neben genetischen Varianten auch epigenetische Mechanismen im Zellkern dazu beitragen, welche Gene im Patienten tatsächlich abgelesen und welche stillgelegt werden. Dabei steuern epigenetische Markierungen an der Erbsubstanz die Expression von Proteinen, zum Beispiel von Rezeptoren, Transportern oder Proteinen mit enzymatischer Aktivität zur Metabolisierung. So wurde in aktuellen Untersuchungen ein verändertes epigenetisches Profil der Blutzellen in Zusammenhang mit einer Clopidogrel-Resistenz gebracht (3). Dies zeigt, wie die Epigenetik in der Arzneimittelforschung an Bedeutung gewinnt.

Die detaillierte Aufklärung der epigenetischen Mechanismen im Kontext der Arzneimittelwirkung übernimmt die Pharmakoepigenetik. Sie untersucht auch, welche Faktoren – von Ernährung über Pestizide, Bisphenol A (BPA) aus Kunststoffartikeln bis hin zu Lebensumständen – die Epigenetik und damit auch die Medikamentenwirkung beeinflussen können (1).

Epigenetische Muster steuern die Genexpression

Gesunde Zellen eines Organismus haben alle dieselbe DNA, deren etwa 2 m langer Doppelstrang im Zellkern eng gepackt um Proteinkomplexe (Histone) gewickelt ist und so das Chromatin bildet. An Stellen der DNA, an denen gerade Gene abgelesen werden, ist das Chromatin aufgelockert, sodass Transkriptionsfaktoren binden und das Ablesen der DNA starten können. An Bereichen, die gerade nicht abgelesen werden, bleibt das Chromatin dicht gepackt.

Das Öffnen und Schließen der Bereiche wird über epigenetische Markierungen (epigenetic marks) gesteuert, die an DNA und Histone als chemische Anhängsel angefügt und wieder abgetrennt werden können. Anders als Mutationen verändern die angehängten Methyl- und Acetylgruppen nicht die DNA-Sequenz als solche, sondern lediglich die Verpackung der DNA. Damit regeln sie deren Zugänglichkeit für Transkriptionsfaktoren und Polymerasen sowie gemeinsam mit der Stabilität der gebildeten mRNA die Effizienz der Genexpression. Die Gesamtheit der epigenetischen Markierungen wird als Epigenom bezeichnet.

Durch die Entwicklung von Next-Generation-Sequencing und Auswerte-Algorithmen in den letzten zwei Dekaden wurde das »Mapping«, das heißt die Bestimmung epigenetischer Muster in Proben von Zellen, Geweben und Körperflüssigkeiten, möglich. Mehr als 20 verschiedene Mechanismen sind inzwischen bekannt, von denen die DNA-Methylierung, die Histonmethylierung und -acetylierung sowie die nicht-codierende RNA bisher am besten beschrieben sind (Tabelle 1) (4, 5).

Epigenetische Modifikation Effekt auf Genaktivität
DNA-Methylierung:
Anhängen von Methylgruppen an DNA, kompakteres Chromatin
Abschalten (Gene Silencing) durch Hemmung der Transkription
Histonacetylierung:
Anhängen von Acetylgruppen an Histone, gelockertes Chromatin
Aktivierung der Transkription
Histonmethylierung:
Anhängen von Methylgruppen an Histone
je nach Modifizierungsgrad und Stelle: Abschalten oder Aktivierung der Transkription
nicht-codierende RNA (ncRNA) wie microRNA und lncRNA:
Komplexbildung mit Proteinen und Bindung an mRNA
Hemmung der Translation (Proteinsynthese)
Tabelle 1: Häufige epigenetische Modifikationen und ihre Wirkung auf die Genexpression

Bei der DNA-Methylierung hängen zelluläre DNA-Methyltransferasen (DNMT) Methylgruppen an das Nukleotid Cytidin, wenn dieses in sogenannten CpG-Inseln (Cytosin-phosphatidyl-Guanin-Inseln) der DNA-Sequenz vorkommt. Die Methylreste werden wie Stecknadelköpfe angebracht, an die wiederum methylbindende Proteine anheften können und so zur Kondensation (Verdichtung) des Chromatins und damit Behinderung der Transkription führen (»gene silencing«).

Neben der DNA können auch die Histone durch Methylierung und Acetylierung an ihren Seitenketten verändert werden. Das Anhängen und Abspalten übernehmen Histonmethyltransferasen (HMT) und Histonacetyltransferasen (HAT) sowie Histondemethylasen (HDM) und Histondeacetylasen (HDAC) (4).

Als drittes wichtiges regulatorisches Element wirkt sogenannte nicht-codierende RNA (ncRNA). Hierbei handelt es sich um kurze Ribonucleinsäure-Sequenzen, die nicht in Proteine umgesetzt werden, sondern regulatorische Funktionen bei der Genexpression und auf Proteinebene haben. Sie bilden mit Proteinen Komplexe und behindern so die Proteinsynthese (Translation). Am besten untersucht sind microRNA (miRNA) und lncRNA (long non-coding RNA) mit einer Länge von etwa 22 bis 200 Nukleotiden (5).

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