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Covid-19

Welche Beatmungs-Möglichkeiten gibt es?

Schwer kranke Covid-19-Patienten brauchen häufig eine Beatmung. Das muss nicht immer eine invasive Methode sein. Sinnvolle Beatmungstechniken retten Leben – aber sie dürfen nicht zu spät kommen.
Brigitte M. Gensthaler
18.04.2020  11:00 Uhr

»Patienten mit Anzeichen einer Covid-19-Erkrankung brauchen eine intensive Überwachung, auch vom Hausarzt, denn eine Verschlechterung kann sehr schnell eintreten«, betont Professor Dr. Michael Pfeifer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Bei einer Pressekonferenz stellte er ein von der DGP und anderen Fachgesellschaften verfasstes »Positionspapier zur praktischen Umsetzung der apparativen Differenzialtherapie der akuten respiratorischen Insuffizienz bei Covid-19« vor.  Bei etwa 80 Prozent der positiv getesteten Personen verläuft die Erkrankung mild und bei 20 Prozent schwerer mit Anzeichen einer hypoxischen respiratorischen Insuffizienz, heißt es darin. Etwa 5 Prozent der Patienten müssten intensivmedizinisch betreut werden.

In einer ersten Phase (nach der frühen viralen Abwehrphase) verschlechtern sich der Gasaustausch und die Sauerstoff-Sättigung im Blut, der Organismus ist jedoch stabil. Die Patienten hätten noch keine starke Atemnot in Ruhe, informierte der Pneumologe. Bei einem Teil geht die Erkrankung über in eine Phase mit verstärkter Atemnot, Dyspnoe und einem kritischen Abfall der Sauerstoff-Sättigung mit weiteren Organkomplikationen und Kreislauf-Insuffizienz. Die Verschlechterung könne innerhalb weniger Stunden eintreten und sei lebensbedrohlich. Dann sei eine intensivmedizinische Behandlung notwendig .

Nicht-invasiv und invasiv

Bei einer respiratorischen Insuffizienz gibt es verschiedene apparative Therapien, angefangen von nicht-invasiver Sauerstoffzufuhr über die Nase, nasale High-flow-Sauerstoffzufuhr (NHF) oder CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) über eine Atemmaske. Wenn dies nicht ausreicht oder angezeigt ist, werden invasive Verfahren wie endotracheale Intubation oder gegebenenfalls ECMO (extrakorporale Membranoxygenierung) nötig.

Pfeifer warnte vor einem zögerlichen Einsatz: »Wenn wir zu spät mit der invasiven Beatmung beginnen, bedeutet dies eine höhere Sterblichkeit. Wir greifen hier lebensrettend ein.« Er trat auch häufig geäußerten Ängsten entgegen: »Eine Intubation ist nicht gleichbedeutend mit Sterben.« Oft seien es die Komorbiditäten, die zu schweren Verläufen und Tod führen. Daher seien Ältere, Patienten mit kardialen oder sonstigen Grunderkrankungen stärker gefährdet.

Covid-19-Patienten müssen zum Teil über zwei bis drei Wochen beatmet werden. Die lange Zeit führte der DGP-Vizepräsident Professor Dr. Torsten Bauer, Berlin, auf das Fehlen einer spezifischen Therapie zurück. Bei einer Lungenentzündung, zum Beispiel durch Pneumokokken, bekämen die Patienten im Krankenhaus sehr rasch ein Antibiotikum, um den Entzündungsprozess zu stoppen. »Aber eine Pneumonie ohne Immunität und Therapie verläuft meist schwer.«

Mit zunehmender Besserung des Patienten werde die Therapie deeskaliert; nach der Extubation bräuchten viele aber noch Sauerstoff. Letztlich schließe sich eine Rehabilitation an, damit der Patient »ins gesunde Leben zurückkehren« kann, so Bauer. Haben die Ärzte einen Luftröhrenschnitt (Tracheostoma) gesetzt, ist eine Entwöhnung vom Beatmungsgerät (Weaning) nötig.

Keine Erfahrungen zu Langzeitschäden

Zu möglichen Dauerschäden äußerte sich Pfeifer vorsichtig. Es gebe noch keine Daten zu Langzeitverläufen. Jede mechanische Belastung der Lunge in dieser Phase könne einen Schaden auslösen. »Wir wissen aber von Patienten mit schwerer Lungenentzündung und langer Beatmungszeit, dass sie sich dauerhaft erholen können.« Auch nach schwerer Covid-19-Erkrankung könnten viele Patienten schnell ins normale Leben zurückkehren, andere bräuchten längere und intensive Unterstützung.

Kann man das Immunsystem gegen SARS-CoV-2 stärken? »Dafür ist keine wirklich gute Methode bekannt. Klar ist, dass man es nicht schwächen soll, zum Beispiel durch Rauchen oder übermäßigen Alkoholkonsum«, sagte Bauer. Gut eingestellte Asthma-Patienten sollten keinesfalls eigenmächtig ihr inhalatives Corticosteroid absetzen und damit die stabile Situation gefährden. Noch ein Tipp vom Pneumologen: regelmäßiges Lüften und Luftdurchzug im Zimmer, vor allem eines Kranken.

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