Weder eklig noch ansteckend |
| Annette Rößler |
| 18.01.2024 11:30 Uhr |
Patienten mit Psoriasis leiden oft sehr unter ihrer Erkrankung. Dennoch sind zu viele nicht in Behandlung, berichtete Professor Dr. Petra Staubach-Renz. / Foto: PZ/Alois Müller
In Deutschland leben schätzungsweise 2 Millionen Menschen, die an Psoriasis erkrankt sind. »Von diesen sind etwa zwei Drittel in Behandlung. Geschätzte 400.000 Patienten mit Psoriasis sind somit unbehandelt«, sagte Professor Dr. Petra Staubach-Renz, Oberärztin der Hautklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz und Vorsitzende der Gesellschaft für Dermopharmazie, beim Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming.
Es sei enorm wichtig, diese Patienten zu erreichen und in Behandlung zu bringen, denn die Psoriasis sei eine Systemerkrankung, die unbehandelt »wie ein Tsunami« fortschreite, mit diversen Komorbiditäten wie Depression, Bluthochdruck, Lipidstoffwechselstörungen, Adipositas, Typ-2-Diabetes sowie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen einhergehe und dadurch letztlich lebensverkürzend wirke. Von der öffentlichen Apotheke, als deren »Fan« sie sich bekannte, wünsche sie sich eine Lotsenfunktion für bislang noch unbehandelte Patienten, so die Medizinerin.
Die chronisch-entzündliche, nicht infektiöse, immunvermittelte Erkrankung tritt typischerweise zwischen dem 15. und dem 40. Lebensjahr auf und ist – im Gegensatz zu anderen Autoimmunerkrankungen – bei Männern und Frauen etwa gleich häufig. Wie Staubach-Renz informierte, gibt es eine genetische Disposition; jedoch ist auch ohne diese ein spontanes Auftreten der Erkrankung möglich. Als mögliche Triggerfaktoren nannte die Referentin Infektionen, ein lokales Trauma, Stress, Alkohol, Rauchen und Medikamente, insbesondere Betablocker.
Typisch für die Plaque-Psoriasis, die häufigste Form der Erkrankung, sind rötliche, inselförmige und scharf begrenzte Herde, in denen die Haut verdickt ist und stark schuppt. Diese sind meistens auf den Streckseiten von Gelenken wie Ellenbogen oder Knie lokalisiert sowie in Bereichen mit Hautverletzungen etwa infolge von Kratzen. Sonderlokalisationen sind unter anderem die Kopfhaut (hier reicht die Läsion typischerweise über den Haaransatz hinaus), die Nägel, die Genitalregion sowie Handflächen und Fußsohlen (palmoplantar).
»Wenn ein Patient eine Sonderlokalisation hat, hat er oft auch noch eine zweite oder dritte. Mehrere Sonderlokalisationen sind dabei wie ein Biomarker für eine mögliche Gelenkbeteiligung«, berichtete Staubach-Renz. Eine solche Psoriasis-Arthritis werde bei fast jedem dritten Patienten im Verlauf der Erkrankung diagnostiziert und zeichne sich durch Gelenkerosionen, anders als rheumatoide Erkrankungen aber auch durch knöcherne »Anbauten« an den Gelenken aus. Die Patienten hätten starke Schmerzen in Ruhe.
Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, sei es wichtig, früh adäquat zu therapieren. Das Motto laute dabei heute nicht mehr »treat hard and early«, sondern »treat smart and early«. Die »sehr gute S3-Leitlinie« gebe genau vor, welche Therapie für welchen Patienten am besten geeignet ist.
Allgemein sei eine topische Therapie bei Patienten mit leichter Psoriasis angezeigt. Als »leicht« gilt die Erkrankung, wenn auf keinem der drei Scores Psoriasis Area and Severity Index (PASI), Body Surface Area (BSA) und Dermatologic Life Quality Index (DLQI) ein Wert über 10 vorliegt. Das bedeutet, dass höchstens 10 Prozent der Körperoberfläche betroffen ist. Allerdings gibt es von dieser Regel auch Ausnahmen: So gilt etwa eine Psoriasis mit Genitalbeteiligung auch bei einem ansonsten geringerflächigen Befall als mittelschwer.
Erstlinienempfehlung bei den Topika ist die Fixkombination aus dem Vitamin-D3-Analogon Calcipotriol und dem Glucocorticoid Betamethason. Ab einem mittleren Erkrankungsschweregrad sind zusätzlich zur topischen Therapie eine systemische Behandlung und eine Phototherapie mit UV-Licht angezeigt. Als Systemtherapeutika kommen zunächst Acitretin, Ciclosporin, Fumarate, Methotrexat oder seit Kurzem der Januskinasehemmer Deucravacitinib in Betracht. In der Zweitlinie stehen der PDE-4-Hemmer Apremilast zur Verfügung sowie Biologika, die gegen TNF (zum Beispiel Adalimumab), IL-17 (zum Beispiel Secukinumab), IL-23 (zum Beispiel Guselkumab) oder IL-12/IL-23 (Ustekinumab) gerichtet sind.