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Schweigepflicht, Strafanzeige

Was tun bei Impfpassfälschungen in der Apotheke?

Erster Schritt: Verweigerung der Zertifikatsausstellung

Bei möglichen Impfpassfälschungen empfiehlt Justitiar Laskowski, zunächst die Ausstellung eines Impfzertifikats zu verweigern. Dazu seien die Apotheken auch verpflichtet. Zudem könnten sie auch anbieten, den Impfpass einzubehalten oder zu vernichten. Dies dürfe aber nur mit Einwilligung der Patienten geschehen, Apotheken selbst dürften keine Dokumente »beschlagnahmen«, so Laskowski. Schließlich könnten sich die Betroffenen in der Apotheke überlegen, Strafanzeige zu stellen, erklärte er weiter. Dazu sei hingegen keine Apotheke verpflichtet. Vielmehr sollte man sich in einer sogenannten Güterabwägung überlegen und auch dokumentieren, ob es gerechtfertigt ist, die Schweigepflicht zu brechen, weil ein Ungeimpfter mit gefälschtem Impfpass potenziell aufgrund eines möglichen Ansteckungsrisikos gerade bei den aktuellen Infektionszahlen eine konkrete Gefahr für die Gesundheit Dritter darstellen könne, so Laskowski.

Auch Frank Bendas, Geschäftsführer der Apothekerkammer Sachsen, will den Apothekern eine Möglichkeit an die Hand geben, wie sie mit potenziellen Impfpassfälschern umgehen. »Die Rechtslage wird bundesweit unterschiedlich eingeschätzt, aber wir sind der Auffassung, dass jemand, der als Straftäter in die Apotheke kommt, kein Recht auf die Schweigepflicht hat. Seine Geheimhaltungsinteressen können nicht schutzwürdig sein«, meint Bendas. Die Kammer habe sich mit der Aufsichtsbehörde, dem Sozialministerium in Dresden, abgestimmt, dass die Apotheker bei einem möglichen Fälschungsfall abgesichert sind, wenn sie sich für eine Strafanzeige entscheiden und daraufhin womöglich selbst eine Anzeige kassieren. »Die Schweigepflicht ist natürlich ein hohes Gut«, sagte Bendas der PZ. Allerdings könnten Apotheker - ähnlich wie bei Rezeptfälschungen - auch bei den Impfpassfälschungen das Schweigerecht in bestimmten Fällen brechen, da durch ein gefälschtes Impfzertifikat eine erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit möglich ist.

Die Apothekerkammern Niedersachsen und Baden-Württemberg haben laut PZ-Recherchen eine ähnliche Abstimmung mit den jeweiligen Generalstaatsanwaltschaften getroffen. Das Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart in Baden-Württemberg liegt der PZ vor. Darin heißt es, dass sowohl die Generalstaatsanwaltschaften in Niedersachsen als auch in Baden-Württemberg der Auffassung sind, »dass eine Strafanzeige gegen Kunden, die einen gefälschten Impfnachweis vorlegen, nicht nach § 203 StGB strafbar wäre«. Ein schutzwürdiges, somit berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Kunden liegt laut Generalstaatsanwaltschaft hier nicht vor. Allerdings heißt es in diesem Brief auch: »Wir bitten um Verständnis, dass wir einer Entscheidung unserer Staatsanwaltschaften im Einzelfall nicht vorgreifen können.«

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