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Schweigepflicht

Regierung prüft Rechtssicherheit bei Meldung von Impfpassfälschungen

Ob Apotheken Verdachtsfälle von gefälschten Impfpässen an die Polizei melden dürfen, ist nicht ganz unumstritten. Die Bundesregierung betont nun, dass Apotheker hier nicht immer an die Schweigepflicht gebunden sind. Trotzdem prüft sie gerade, ob es in dieser Frage nicht mehr Rechtssicherheit etwa durch eine neue Gesetzesformulierung braucht.
Charlotte Kurz
26.01.2022  15:00 Uhr

Bei der Erstellung der digitalen Covid-19-Impfzertifikate sind Apotheker immer wieder mit Fällen konfrontiert, in denen sie eine mögliche Fälschung nicht ganz ausschließen können. Zwar gibt es bereits seit einigen Wochen die Möglichkeit, auch die Chargennummer online zu überprüfen, oftmals bleibt aber der Verdacht einer möglichen Impfpassfälschung. Wichtig ist, dass in diesem Fall immer die Ausstellung des Zertifikats verweigert wird.

Darüber hinaus können Apotheken die Verdachtsfälle der Polizei melden. Allerdings hatten Rechtsexperten bezüglich dieser Vorgehensweise im Gespräch mit der PZ gewarnt. Der Grund: Die Schweigepflicht, an die sich auch Apotheker halten müssen. Dabei ist in Paragraf 203 Strafgesetzbuch genau geregelt, dass sich unter anderem Apotheker strafbar machen können, wenn sie im Zuge der Berufsausführung ein fremdes Geheimnis offenbaren. Zwei Rechtsexperten hatten deshalb zur Vorsicht gemahnt und empfohlen, dass sich Apotheker im Einzelfall immer rechtlich etwa durch eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Staatsanwaltschaft absichern sollten.

Jetzt hat sich auch die Bundesregierung zu dieser Problematik geäußert. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion CDU/CSU betont die Ampel-Koalition, dass die Schweigepflicht nicht ausnahmslos gelte. Die CDU/CSU-Fraktion hatte unter anderem nachgehakt, ob Apotheker die Informationen rund um einen möglichen gefälschten Impfpass überhaupt offenlegen dürfen.

Für Meldung ist Rechtfertigungsgrund wichtig

»Schweigepflichtige, die ein ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenes Geheimnis offenbaren, handeln nicht rechtswidrig, wenn ein Rechtfertigungsgrund für die Offenbarung gegeben ist«, betonte die Regierung. Die beabsichtigte Verhinderung einer drohenden Straftat von nicht unerheblichem Gewicht und der daraus folgenden Gefährdungen könne eine sogenannte Offenbarungsbefugnis nach allgemeinen Grundsätzen begründen. Dieser rechtfertigende Notstand ist in Paragraf 34 Strafgesetzbuch geregelt.

Darin heißt es:

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
§ 34 Strafgesetzbuch

Die Bundesregierung ist damit der Meinung, dass bereits nach geltendem Recht und abhängig von den Umständen des Einzelfalls die Meldung von Verdachtsfällen von Apothekern zur Verhinderung zukünftigen Gebrauchs gefälschter oder unrichtiger Impfnachweise und der daraus resultierenden Gesundheitsgefahren gerechtfertigt sein können. Allerdings ist die Anwendung der geltenden Gesetze auf konkrete Fälle Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, betonte die Regierung. Deshalb könne die Regierung nur allgemein zu dieser Frage Stellung nehmen.

Die Regierung erklärte aber auch, dass sie derzeit die Notwendigkeit »zur Herstellung von mehr Rechtssicherheit einer spezialgesetzlichen, besonderen Offenbarungsbefugnis« prüft.

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