Als MS-Schub definiert man das Neuauftreten oder die Reaktivierung neurologischer Defizite (Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheit, Sehstörungen, Probleme mit der Darm- oder Blasenfunktion, Gang- oder Gleichgewichtsstörungen), die mindestens 24 Stunden anhalten, mehr als 30 Tage nach einem vorhergehenden Schub auftreten und nicht durch anderweitige Ursachen bedingt sind (7).
Bezüglich der Schubtherapie gibt es in der aktuellen Leitlinie keine Neuerungen. Standard ist die möglichst baldige Therapie mit hoch dosierten (500 bis 1000 mg/Tag) Glucocorticoiden, meist Methylprednisolon, über drei bis fünf Tage (1). In einem Cochrane-Report wurde eine günstige Wirkung auf die Schubsymptome dargelegt; dagegen gibt es keine Evidenz für das Verhindern neuer Schübe oder eine Abnahme der Langzeitbehinderung (9). Obwohl kein Beleg für einen Wirkunterschied zwischen oraler und intravenöser Gabe existiert (10), wird die intravenöse Gabe aus Praktikabilitätsgründen (orale Darreichungsformen gibt es nur bis zu einer Dosis von 40 mg) bevorzugt.
Im akuten Schub werden Glucocorticoide hoch dosiert gegeben, bevorzugt als Infusion. / Foto: Adobe Stock/ISO K Medien GmbH
Die Entscheidung für eine Schubtherapie trifft der behandelnde Arzt je nach Schwere des Schubs, Wirksamkeit und Verträglichkeit früherer Schubtherapien, Komorbiditäten und Kontraindikationen. Die Nebenwirkungen dieser kurzzeitigen Therapie sind begrenzt. Um Schlafstörungen zu vermeiden, sollten die Patienten die Infusion morgens erhalten.
Bei unzureichendem Effekt folgt eine Eskalation mit hochdosierten Corticosteroiden bis zu 2000 mg/Tag über drei bis fünf Tage. Alternativ oder zusätzlich kommen eine Plasmapherese oder Immunadsorption (selektive Entfernung von Immunglobulinen aus dem Plasma) zum Einsatz. Diese kann auch schon zu Beginn des Schubs erfolgen, vor allem wenn eine Glucocorticoid-Therapie nicht möglich ist und/oder das Verfahren bereits vorher gut wirksam war. Evidenz aus kontrollierten Studien ist allerdings rar (1).