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Komplementärmedizin

Was ist evidenzbasiert in der Onkologie?

Viele Tumorpatienten wenden komplementärmedizinische Verfahren an. Deren Wirksamkeit ist häufig nicht eindeutig belegt. Außerdem können vor allem pflanzliche Zubereitungen mit der onkologischen Therapie wechselwirken. Die S3-Leitlinie zur Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren in der Behandlung onkologischer Patienten gibt hier eine gute Hilfestellung.
Christoph A. Ritter
02.06.2024  08:00 Uhr

Wechselwirkungsrisiko beachten

Neben der Wirksamkeit sollte immer auch das Wechselwirkungsrisiko von pflanzlichen Zubereitungen berücksichtigt werden.

Pflanzliche Zubereitungen unterscheiden sich von chemisch definierten Arzneistoffen in einigen Punkten, die bei der Bewertung des Wechselwirkungspotenzials berücksichtigt werden müssen. Da es sich in der Regel um ein Vielstoffgemisch handelt, können mehrere Inhaltsstoffe Wechselwirkungen verursachen. Selbst wenn ein Hemmstoff identifiziert und charakterisiert werden kann, kann man davon nicht auf die gesamte pflanzliche Zubereitung schließen. Zudem besteht teilweise eine hohe Variabilität innerhalb der pflanzlichen Zubereitungen. Ergebnisse aus Untersuchungen mit einem Pflanzenextrakt können nicht unbedingt auf einen anderen Extrakt übertragen werden.

Verbundprojekt KOKON

Im Rahmen des Verbundprojekts »Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie – KOKON«, das zwischen 2012 und 2020 von der Deutschen Krebshilfe gefördert wurde, beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe um den Autor mit der Bewertung und Darstellung des Wechselwirkungspotenzials pflanzlicher Zubereitungen mit Arzneistoffen der onkologischen und der onkologisch-supportiven Therapie.

Kernstück des Projekts war die Entwicklung eines Algorithmus, mit dessen Hilfe das pharmakokinetische Wechselwirkungspotenzial anhand der existierenden Literatur transparent und dynamisch in verschiedene Risikokategorien eingeteilt werden kann (9).

Der Algorithmus priorisiert Wechselwirkungsstudien, die direkt zwischen onkologischen oder supportiven Arzneistoffen und pflanzlichen Zubereitungen durchgeführt wurden oder die den Einfluss pflanzlicher Zubereitungen auf die Aktivität metabolisierender Enzyme oder Transportproteine untersuchen. Eine weitere Priorisierung erfolgt zwischen Untersuchungen an zellulären Systemen und klinischen Studien. Es werden auch Fallberichte berücksichtigt, die die Ergebnisse aus zellulären Untersuchungen oder Untersuchungen zur Modulation der Aktivität metabolisierender Enzyme oder Transportproteine unterstützen. Schließlich werden bei der -Bewertung von Ergebnissen aus zellulären Untersuchungen die Besonderheiten pflanzlicher Zubereitungen berücksichtigt.

Das paarweise farblich codierte Wechselwirkungsrisiko zwischen derzeit 24 komplementärmedizinisch angewandten pflanzlichen Zubereitungen und 775 onkologisch und onkologisch-supportiv angewandten Arzneistoffen kann auf der Seite der Abteilung Klinische Pharmazie am Institut für Pharmazie der Universität Greifswald aufgerufen werden (https://pharmazie.uni-greifswald.de/institut/abteilungen/klinische-pharmazie/forschung/interaktionsmatrix). Neben dieser Wechselwirkungsmatrix sind detaillierte Informationen zu den Untersuchungen, die in die Bewertung eingegangen sind, und sofern vorhanden auch Wirkstoffkonzentrationen identifizierter Hemmstoffe aus Phytopharmaka im menschlichen Blutkreislauf angegeben.

Von allen in der Matrix berücksichtigten Arzneistoffen unterliegen 146 einer relevanten enzymatischen Umwandlung oder werden durch Transportproteine aktiv ausgeschieden. Damit besteht ein Risiko für pharmakokinetische Wechselwirkungen mit pflanzlichen Zubereitungen.

In der Grafik ist das Wechselwirkungspotenzial derjenigen pflanzlichen Zubereitungen, die in der Leitlinie »Komplementärmedizin in der Onkologie« eine Empfehlung erhielten, bezogen auf die 146 Arzneistoffe, dargestellt. Man sieht, dass etwa für pflanzliche Zubereitungen von Ingwer oder Mistel zwar Untersuchungen zum Wechselwirkungspotenzial vorliegen, diese aber nicht für eine klinische Bewertung ausreichen. Andererseits weisen Zubereitungen von Baldrian, Grüntee oder Traubensilberkerze mit einem großen Teil von Arzneistoffen ein geringes Wechselwirkungsrisiko auf. Das heißt: Für diese pflanzlichen Zubereitungen konnten klinische Wechselwirkungsstudien keinen relevanten Einfluss auf die Verstoffwechselung von Arzneistoffen durch das Isoenzym Cytochrom P450 (CYP) 3A4 zeigen.

Für Zubereitungen von Indischem Weihrauchbaum liegen In-vitro-Untersuchungen vor, die eine Hemmwirkung verschiedener Boswelliasäuren auf das CYP3A4-Enzym in einem relevanten Konzentrationsbereich zeigen. Daher kann eine Wechselwirkung mit Arzneistoffen, die über dieses Enzym verstoffwechselt werden, möglich sein.

Für koreanischen Ginseng gibt es widersprüchliche Ergebnisse zur Hemmung von CYP3A4 aus klinischen Studien. Entsprechend kann ein Wechselwirkungsrisiko nicht ausgeschlossen werden.

Das Wechselwirkungspotenzial von Zubereitungen von Johanniskraut wurde in zahlreichen klinischen Studien gezeigt. Eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit macht aber deutlich, dass die Stärke der Induktionseffekte für CYP3A4 und das Transportprotein P-Glykoprotein sehr stark vom Gehalt an Hyperforin in der jeweiligen Zubereitung abhängt (10).

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