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Komplementärmedizin

Was ist evidenzbasiert in der Onkologie?

Viele Tumorpatienten wenden komplementärmedizinische Verfahren an. Deren Wirksamkeit ist häufig nicht eindeutig belegt. Außerdem können vor allem pflanzliche Zubereitungen mit der onkologischen Therapie wechselwirken. Die S3-Leitlinie zur Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren in der Behandlung onkologischer Patienten gibt hier eine gute Hilfestellung.
Christoph A. Ritter
02.06.2024  08:00 Uhr

Spurenelemente: Was kann empfohlen werden?

Die Schädigung der Schleimhaut ist eine häufige Nebenwirkung der Strahlentherapie. Zur Wirksamkeit von Natriumselenit zur Verringerung dieser Nebenwirkungen konnten die Leitlinienautoren je eine RCT mit Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren oder Tumoren der Gebärmutter oder des Gebärmutterhalses auswerten (Tabelle 1).

Bei der Bestrahlung des Kopf-Hals-Bereichs verringerte Natriumselenit von etlichen gemessenen Beschwerden lediglich das Auftreten von Schluckbeschwerden. Bei der Bestrahlung im Beckenbereich verringerte es die Häufigkeit einer strahlenbedingten Diarrhö – allerdings nur bei Patienten, bei denen ein großes Zielvolumen der Bestrahlung notwendig war. Alle untersuchten Personen wiesen zu Beginn der Studie ein Selendefizit auf.

Schließlich identifizierten die Autoren der Leitlinie noch sieben RCT, die die Einnahme von Zink zur Reduktion der oralen Mukositis bei einer Strahlentherapie untersuchten. Fünf davon zeigten eine positive Wirkung. Bei Patienten, die Zink einnahmen, setzte die Mukositis später ein, war weniger stark und dauerte weniger lang an. Alle teilnehmenden Patienten litten an einem Kopf-Hals-Tumor. Die Stärke der Empfehlung wird durch zwei weitere RCT eingeschränkt, die keine positive Wirkung auf die orale Mukositis bei Strahlentherapie feststellen konnten. Eine dieser Studien zeigte eine hohe methodische Qualität.

Wovon soll und sollte abgeraten werden?

Von anderen komplementärmedizinischen biologischen Verfahren wird in der Leitlinie mit einer Empfehlungsstärke A (»soll nicht«, Tabelle 2) oder B (»sollte nicht«, Tabelle 3) abgeraten.

Unter den rein pflanzlichen Zubereitungen wird vor allem von der Anwendung halbfester Zubereitungen mit Aloe vera zur Vorbeugung einer strahleninduzierten Dermatitis abgeraten. Dies beruht auf Ergebnissen von vier qualitativ hochwertigen RCT. Die Aloe-vera-haltigen Topika wurden während der Strahlenbehandlung auf das bestrahlte Hautareal aufgetragen. Die Ergebnisse waren inkonsistent; in einer Studie traten schwere Hautreaktionen und Schmerzen häufiger auf als bei Anwendung einer wässrigen Creme.

Verfahren (EL/KS) Symptom Krebsart der Patienten Kontext/Anmerkung
Aloe-vera-haltige halbfeste Zubereitungen (1b/SK) Dermatitis Krebs Vorbeugung der Radiodermatitis (strahleninduzierte Dermatitis)
Carnitin (1b/SK) periphere Polyneuropathie Krebs Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie
Isoflavone (Soja) (1a/K) menopausale Symptome Frauen mit Brustkrebs
Zink (1a/SK) Mukositis Krebs Chemotherapie-induzierte Mukositis
Vitamin E und Beta-Carotin (Vitamin A) (2b/SK) Lebensqualität Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren während Radiotherapie
Vitamin E (1b/K) menopausale Symptome Frauen mit Brustkrebs Hitzewallungen
Vitamin E (2b/K) Ototoxizität Krebs Cisplatin-induzierte Ototoxizität
Vitamin E (1b/SK) periphere Polyneuropathie Krebs periphere Taxan-induzierte Neuropathie
Vitamin E (1b/SK) Mukositis Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren unter Strahlentherapie, Endpunkt therapie­induzierte Mukositis
Verfahren (EL/KS) Symptom Krebsart der Patienten Kontext/Anmerkung
Vitamin E (1b/SK) Mukositis Krebs Chemotherapie-induzierte Mukositis
Vitamine E und C (2b/SK) Xerostomie Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren strahleninduzierte Xerostomie
Guarana-Trockenextrakt (1b/K) Fatigue Krebs Chemotherapie-bedingte Fatigue
Vitamin B12 und Folsäure (2b/SK) Lebensqualität Patienten mit Lungenkarzinom oder Mesotheliom während Chemotherapie, normwertige Spiegel
Vitamin B12 und Folsäure (2b/SK) Neutropenie Patienten mit Lungenkarzinom oder Mesotheliom während Chemotherapie, normwertige Spiegel

Auch von der Einnahme von Isoflavon-haltigen Präparaten zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden bei Frauen mit Brustkrebs wird stark abgeraten. Hierzu liegt eine systematische Übersichtsarbeit vor, die vier qualitativ hochwertige Studien einschloss. Alle vier zeigen keine positive Wirkung.

Zur Wirksamkeit von Guarana-Trockenextrakt gegen Fatigue werteten die Leitlinienautoren vier RCT aus. Die Ergebnisse sind widersprüchlich. In einer der Studien wird über eine Gewichtsabnahme sowie einen erhöhten Bedarf an Analgetika in der Gruppe der Patienten berichtet, die Guarana-Trockenextrakt einnahmen. Die Leitlinienautoren schließen daraus, dass Präparate mit Guarana-Trockenextrakt zur Behandlung von Fatigue nicht empfohlen werden sollten.

Die Aminosäure L-Carnitin wurde bei verschiedenen Beschwerden untersucht. Für die Behandlung Chemotherapie-induzierter Polyneuropathien fanden die Leitlinienautoren drei RCT. Die Ergebnisse waren heterogen: Positive Ergebnisse wurden in einer Studie gefunden, jedoch war die Stichprobe nur unzureichend charakterisiert. In einer weiteren Studie gab es keine positive Wirkung. In der dritten Studie wurde der Einfluss von L-Carnitin auf die Taxan-induzierte Polyneuropathie bei Brustkrebspatientinnen untersucht. Hier verschlechterte die Einnahme sogar die Symptomatik. Die Leitlinie rät daher generell von einer Behandlung von Polyneuropathien allgemein und der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie mit L-Carnitin ab.

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