Was die Leitlinie empfiehlt |
Es werden zwei Formen der Arthrose unterschieden. Die primäre Arthrose tritt ohne erkennbaren Auslöser auf. Die genauen Hintergründe sind bis heute nicht ausreichend erforscht. Vermutet wird eine genetische Veranlagung, sodass intensiv nach Genen geforscht wird, die als Auslöser infrage kommen. Doch auch wer eine genetische Vorbelastung aufweist, muss nicht zwangsweise eine Arthrose entwickeln (1).
Die sekundäre Arthrose wird durch äußere Faktoren hervorgerufen. Hier liegt der Fokus darauf, die Auslöser zu identifizieren, um gezielt in den Abbauprozess des Gelenks eingreifen zu können. Mögliche Ursachen sind Unfälle und Verletzungen, in deren Folge die Arthrose erst Jahre später auftritt, oder eine anhaltende Überbelastung der Gelenke (1).
Arthrosen sind häufig berufsbedingt. Gefährdet ist beispielsweise, wer Tag für Tag die gleichen Bewegungen durchführt. Eine oft betroffene Berufsgruppe sind etwa Maurer und Fliesenleger.
Daneben können Fehlstellungen der Kniegelenke, beispielsweise bei O-Beinen, zu Fehl- oder Mehrbelastungen führen, die den Abbau des Gelenkknorpels beschleunigen. Übergewicht ist ebenfalls eine bekannte Ursache (4). Die Leitlinienautoren geben an, dass Übergewicht das Kniearthrose-Risiko auf das 2,5-Fache erhöht. Das Risiko erhöht sich pro 5 kg/m² BMI-Zuwachs um 35 Prozent (5). Hier drohen besonders in den Knien und Hüftgelenken folgenschwere Veränderungen. Als knorpelschädigend und arthrosefördernd gelten auch Gelenkentzündungen, die sich im rheumatischen Formenkreis einordnen lassen.
Arthrose entsteht nicht von heute auf morgen. Der Gelenkverschleiß zieht sich über Jahre bis Jahrzehnte hin, bis er anhaltende Symptome hervorruft und die Beweglichkeit einschränkt. Da Patienten die zu Beginn oft harmlosen Beschwerden häufig nicht ernst nehmen, wird Arthrose oft erst erkannt, wenn sie schon weit vorangeschritten ist (1). Dabei kann eine frühzeitige Behandlung den Verlauf positiv beeinflussen. Patienten sollten daher auf die ersten Warnsignale des Körpers achten und einen Arzt aufsuchen (Kasten).
Arthrose startet oft mit einem sogenannten Knorpelschaden, einem Defekt im Knorpelüberzug. Dabei ist der Knorpel durch eine Verletzung oder Überbelastung verdickt und in seiner Struktur verändert. In einigen Fällen ist zudem die Gelenkinnenhaut gereizt.
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Bei Beschwerden im Knie empfiehlt sich ein Arztbesuch, um der Ursache auf den Grund zu gehen und eine Gonarthrose – wenn möglich – noch zu verhindern:
Diese ursprünglich oft kleinen Veränderungen können sich jedoch auf das ganze Kniegelenk auswirken. Auf anderen Abschnitten des Gelenks liegt dann eine zusätzliche Last, beispielsweise durch veränderte Bewegungsabläufe, was den Knorpel und den darunterliegenden Knochen schädigen kann (1).
Im weiteren Verlauf wird die Oberfläche des Knorpels durch anhaltende und übermäßige Belastung auf das Gelenk uneben und fasert aus. Wie lange diese Veränderung bestehen bleibt, ist individuell sehr unterschiedlich. Experten sprechen von einem Zwischenstadium (1).
Gründe dafür, warum der degenerative Prozess im Knie weiter voranschreitet, sind das Körper- beziehungsweise Übergewicht sowie Verdrehbewegungen und Sportarten mit hoher Gelenkbeteiligung wie Tennis, Handball oder Fußball. Je mehr sich der Knorpel abnutzt, desto stärker steigt der Druck auf den darunterliegenden Knochen. Der Gelenkspalt wird enger und die Knochen verändern sich.
Kniearthrose kann einsam machen, etwa, wenn sich Patienten aufgrund von Schmerzen zunehmend aus sozialen Aktivitäten zurückziehen. / © Adobe Stock/sunakri
Der Körper versucht sich nun selbst zu helfen und vergrößert die Gelenkfläche, indem er knöcherne Auszüge, die sogenannten Osteophyten, in den abgenutzten Gelenken bildet. Bei einigen Patienten sind diese tastbar oder sogar von außen zu erkennen. Diese Veränderungen lindern die Beschwerden jedoch nicht; im Gegenteil schränken sie die Beweglichkeit im Knie weiter ein und der Knorpelschaden breitet sich weiter aus.
Allmählich ist an manchen Stellen im Kniegelenk gar kein Knorpel mehr vorhanden und im Knochen haben sich Verhärtungen (subchondrale Sklerosierung) sowie knöcherne Ausziehungen gebildet. Die Knochen des Ober- und des Unterschenkels liegen nun direkt aufeinander. Durch den fehlenden Gelenkspalt kann das Knie vollständig versteifen (1).
Der gesunde hyaline Gelenkknorpel im Knie ist eine wenige Millimeter dicke Gewebeschicht und besitzt weder Blut- und Lymphgefäße noch Nervenbahnen. Sie besteht zu 95 Prozent aus extrazellulärer Matrix und zu 5 Prozent aus spezialisierten Knorpelzellen, den Chondrozyten. Die extrazelluläre Struktur wird durch ein Kollagennetz gebildet, in das Moleküle wie Proteoglykane eingebettet sind. Letztere sind wasserbindend und bestimmen die biophysikalischen Eigenschaften des Knorpelgewebes wie die Prallelastizität.