Was die Leitlinie empfiehlt |
Neben der Pharmakotherapie spielen bei einer Kniearthrose auch nicht medikamentöse Maßnahmen wie Bewegung und Kräftigungsübungen eine wichtige Rolle. / © Getty Images/kali9
Der Begriff Gonarthrose, die Arthrose des Kniegelenks, umfasst alle degenerativen Erkrankungen des Kniegelenks, die durch die fortschreitende Zerstörung des Gelenkknorpels unter Beteiligung von Bändern, Knochen, Gelenkkapsel und Muskulatur gekennzeichnet sind. Sie gehört zu den häufigsten Abnutzungserscheinungen der Gelenke (1).
Fortschreitender Gelenkverschleiß zerstört den Knorpel im Kniegelenk vollständig und bedeutet oft Schmerzen bei Bewegung oder im Extremfall eine Gelenkversteifung mit weitgehendem Funktionsverlust. Doch nicht alle Patienten mit radiologischen Veränderungen der Kniegelenke haben gleichermaßen Funktionseinschränkungen oder Schmerzen (1). Bei Kniearthrose-Patienten lassen sich zudem häufig abwechselnd entzündliche und nicht entzündliche Phasen feststellen.
Oft sind bei einer fortschreitenden Kniearthrose eine Operation und ein künstliches Gelenk erforderlich, um die Beweglichkeit zu erhalten. Patienten sollten daher bei anhaltenden Schmerzen im Knie und eingeschränkter Beweglichkeit einen Arzt aufsuchen.
Die frühzeitige Therapie kann ein Voranschreiten der Arthrose verlangsamen oder stoppen. Eine medikamentöse Heilung ist aber bis heute nicht möglich. Die Behandlung zielt darauf ab, Symptome deutlich zu verbessern und dadurch die Lebensqualität zu erhöhen.
Einen evidenzbasierten Überblick über die therapeutischen Möglichkeiten gibt die 2024 aktualisierte S2k-Leitlinie »Gonarthrose« (1), die unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) entstanden ist (AWMF-Registernummer 187-050). Neu ist ein Kapitel zu Metamizol, gestrichen wurde unter anderem das Kapitel zu Chondroitinsulfat.
Warum kommt es zur Arthrose? Viele denken bei verschlissenen Gelenken schnell an einen alterstypischen Verlauf. Doch Arthrose ist nicht nur altersabhängig; viele Faktoren können sie begünstigen. Neben der genetischen Komponente kommen altersbedingte Faktoren der Regenerationskapazität, (bio)mechanische Veränderungen und Belastungen im Kniegelenk sowie metabolische Einflüsse und lokale Entzündungen im Gelenk als Ursache in Betracht.
Skifahren belastet die Gelenke. Für Patienten mit Kniearthrose empfehlen sich schonendere Sportarten. / © Adobe Stock/Daniel Teetor
Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, eine Gonarthrose zu entwickeln, stark an. So haben etwa 48 Prozent der Frauen und 31 Prozent der Männer über 65 Jahren eine Arthrose (2). Die Prävalenz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Durch die hohe Patientenzahl hat die Arthrose auch eine hohe sozialmedizinische Bedeutung. Laut Einschätzung der Leitlinienautoren liegt das Risiko, bis zum 85. Lebensjahr eine symptomatische Gonarthrose zu entwickeln, bei fast 45 Prozent. Kommen Übergewicht oder eine Knieverletzung hinzu, steigt das Risiko weiter an (3).
Es werden zwei Formen der Arthrose unterschieden. Die primäre Arthrose tritt ohne erkennbaren Auslöser auf. Die genauen Hintergründe sind bis heute nicht ausreichend erforscht. Vermutet wird eine genetische Veranlagung, sodass intensiv nach Genen geforscht wird, die als Auslöser infrage kommen. Doch auch wer eine genetische Vorbelastung aufweist, muss nicht zwangsweise eine Arthrose entwickeln (1).
Die sekundäre Arthrose wird durch äußere Faktoren hervorgerufen. Hier liegt der Fokus darauf, die Auslöser zu identifizieren, um gezielt in den Abbauprozess des Gelenks eingreifen zu können. Mögliche Ursachen sind Unfälle und Verletzungen, in deren Folge die Arthrose erst Jahre später auftritt, oder eine anhaltende Überbelastung der Gelenke (1).
Arthrosen sind häufig berufsbedingt. Gefährdet ist beispielsweise, wer Tag für Tag die gleichen Bewegungen durchführt. Eine oft betroffene Berufsgruppe sind etwa Maurer und Fliesenleger.
Daneben können Fehlstellungen der Kniegelenke, beispielsweise bei O-Beinen, zu Fehl- oder Mehrbelastungen führen, die den Abbau des Gelenkknorpels beschleunigen. Übergewicht ist ebenfalls eine bekannte Ursache (4). Die Leitlinienautoren geben an, dass Übergewicht das Kniearthrose-Risiko auf das 2,5-Fache erhöht. Das Risiko erhöht sich pro 5 kg/m² BMI-Zuwachs um 35 Prozent (5). Hier drohen besonders in den Knien und Hüftgelenken folgenschwere Veränderungen. Als knorpelschädigend und arthrosefördernd gelten auch Gelenkentzündungen, die sich im rheumatischen Formenkreis einordnen lassen.
Arthrose entsteht nicht von heute auf morgen. Der Gelenkverschleiß zieht sich über Jahre bis Jahrzehnte hin, bis er anhaltende Symptome hervorruft und die Beweglichkeit einschränkt. Da Patienten die zu Beginn oft harmlosen Beschwerden häufig nicht ernst nehmen, wird Arthrose oft erst erkannt, wenn sie schon weit vorangeschritten ist (1). Dabei kann eine frühzeitige Behandlung den Verlauf positiv beeinflussen. Patienten sollten daher auf die ersten Warnsignale des Körpers achten und einen Arzt aufsuchen (Kasten).
Arthrose startet oft mit einem sogenannten Knorpelschaden, einem Defekt im Knorpelüberzug. Dabei ist der Knorpel durch eine Verletzung oder Überbelastung verdickt und in seiner Struktur verändert. In einigen Fällen ist zudem die Gelenkinnenhaut gereizt.
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Bei Beschwerden im Knie empfiehlt sich ein Arztbesuch, um der Ursache auf den Grund zu gehen und eine Gonarthrose – wenn möglich – noch zu verhindern:
Diese ursprünglich oft kleinen Veränderungen können sich jedoch auf das ganze Kniegelenk auswirken. Auf anderen Abschnitten des Gelenks liegt dann eine zusätzliche Last, beispielsweise durch veränderte Bewegungsabläufe, was den Knorpel und den darunterliegenden Knochen schädigen kann (1).
Im weiteren Verlauf wird die Oberfläche des Knorpels durch anhaltende und übermäßige Belastung auf das Gelenk uneben und fasert aus. Wie lange diese Veränderung bestehen bleibt, ist individuell sehr unterschiedlich. Experten sprechen von einem Zwischenstadium (1).
Gründe dafür, warum der degenerative Prozess im Knie weiter voranschreitet, sind das Körper- beziehungsweise Übergewicht sowie Verdrehbewegungen und Sportarten mit hoher Gelenkbeteiligung wie Tennis, Handball oder Fußball. Je mehr sich der Knorpel abnutzt, desto stärker steigt der Druck auf den darunterliegenden Knochen. Der Gelenkspalt wird enger und die Knochen verändern sich.
Kniearthrose kann einsam machen, etwa, wenn sich Patienten aufgrund von Schmerzen zunehmend aus sozialen Aktivitäten zurückziehen. / © Adobe Stock/sunakri
Der Körper versucht sich nun selbst zu helfen und vergrößert die Gelenkfläche, indem er knöcherne Auszüge, die sogenannten Osteophyten, in den abgenutzten Gelenken bildet. Bei einigen Patienten sind diese tastbar oder sogar von außen zu erkennen. Diese Veränderungen lindern die Beschwerden jedoch nicht; im Gegenteil schränken sie die Beweglichkeit im Knie weiter ein und der Knorpelschaden breitet sich weiter aus.
Allmählich ist an manchen Stellen im Kniegelenk gar kein Knorpel mehr vorhanden und im Knochen haben sich Verhärtungen (subchondrale Sklerosierung) sowie knöcherne Ausziehungen gebildet. Die Knochen des Ober- und des Unterschenkels liegen nun direkt aufeinander. Durch den fehlenden Gelenkspalt kann das Knie vollständig versteifen (1).
Der gesunde hyaline Gelenkknorpel im Knie ist eine wenige Millimeter dicke Gewebeschicht und besitzt weder Blut- und Lymphgefäße noch Nervenbahnen. Sie besteht zu 95 Prozent aus extrazellulärer Matrix und zu 5 Prozent aus spezialisierten Knorpelzellen, den Chondrozyten. Die extrazelluläre Struktur wird durch ein Kollagennetz gebildet, in das Moleküle wie Proteoglykane eingebettet sind. Letztere sind wasserbindend und bestimmen die biophysikalischen Eigenschaften des Knorpelgewebes wie die Prallelastizität.
Den Ausgangspunkt beim Arzt bildet ein ausführliches Gespräch über die Beschwerden und die Krankheitsvorgeschichte mit besonderem Fokus auf Einschränkungen im Alltag und im Beruf sowie vorangegangene Unfälle und Verletzungen der Kniegelenke.
Es folgt eine körperliche Untersuchung. Der Arzt begutachtet Gang und Haltung sowie mögliche Fehlstellungen durch Schonhaltung, Muskelschwächen oder Beckenschiefstand. Bei der Palpation wird das Gelenk mit den Händen ertastet und auf druckempfindliche Regionen und Schwellungen untersucht. Geprüft werden außerdem die Beweglichkeit des Gelenks und die Stabilität der Bänder.
Zur ärztlichen Untersuchung gehören eine ausführliche Anamnese und eine körperliche Untersuchung. / © Getty Images/ljubaphoto
Im weiteren Verlauf können auch bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen. Durch Röntgen lässt sich etwa der Abstand zwischen den Gelenkflächen beurteilen, und mittels Ultraschall lassen sich Weichteile wie Muskeln und Muskelansätze am Gelenk oder der Kapsel erkennen. Optional kann eine MRT-Untersuchung (MRT: Magnetresonanztomografie) folgen, um Schäden an den Bändern, Sehnen oder Menisken besser darzustellen (1).
Liegt ein Gelenkerguss vor, kann die Flüssigkeit mittels Punktion entfernt werden. Dies vermindert Druck und reduziert Schmerzen im Gelenk. Die Flüssigkeit aus dem Gelenk liefert außerdem Hinweise auf entzündliche rheumatische Zustände oder bakterielle Infektionen. Wiederholte Punktionen sind jedoch keine Dauerlösung, da mit jeder Prozedur das Infektionsrisiko steigt.
Eine Therapie, die die Ursachen von Gonarthrose beseitigt, gibt es bis heute nicht. Die Behandlungsmaßnahmen beschränken sich im Wesentlichen darauf, Schmerzen zu lindern sowie die Beweglichkeit und Gehleistung zu erhöhen. Ziel ist es, den Knorpelabbau und damit das Fortschreiten der Arthrose zu verzögern – durch Kräftigung der Muskulatur und bestimmte Verhaltensweisen in Bewegung.
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) lindern Schmerzen, hemmen Entzündungen und tragen so dazu bei, die Beweglichkeit und Lebensqualität zu erhöhen. Zum Einsatz kommen Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac und Ketoprofen.
NSAR sollten unter strenger Indikationsstellung so niedrig dosiert und so kurz wie möglich oral angewendet werden, unter Beachtung von Alter und Komorbiditäten wie kardiovaskulären oder gastrointestinalen Risiken. Bei gastrointestinalem Risiko empfiehlt sich ergänzend ein Protonenpumpenhemmer (PPI), bei Ulkusbeschwerden die Therapie mit einem COX-2-Hemmer und einem PPI. Eine Kombination von NSAR ist nicht vorgesehen.
Einige Wirkstoffe, darunter Ibuprofen und Diclofenac, stehen auch als Topika zur Verfügung. Als besonders wirksam haben sich Pflaster und halbfeste Zubereitungen mit Diclofenac erwiesen (6).
Die Leitlinie empfiehlt die topische Anwendung von NSAR als erste Wahl für Patienten über 75 Jahren, insbesondere aufgrund des geringeren gastrointestinalen Risikos. Reicht dies nicht aus, wird zu einer oralen Therapie mit NSAR geraten (1).
Die topische Therapie mit nicht steroidalen Antirheumatika zählt zu den Mitteln der Wahl. / © Adobe Stock/Natali
Paracetamol hat bei Gonarthrose keine klinisch signifikante schmerzlindernde Wirkung gezeigt und sollte daher nicht angewendet werden (7).
Metamizol ist ein häufig verordneter Arzneistoff in Deutschland. Er ist indiziert bei akuten starken Schmerzen wie Tumorschmerzen oder bei Koliken sowie nach Verletzungen oder Operationen. Eine Zulassung bei Arthrose liegt nicht vor. Metamizol sollte daher nur eingesetzt werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg erzielen – und dann auch nur bei starken Schmerzen.
Bleibt die topische oder orale NSAR-Therapie erfolglos oder kann sie aufgrund von Kontraindikationen nicht erfolgen, stehen unter anderem orales Glucosamin und die Injektion von Glucocorticoiden in die Gelenkkapsel (intraartikuläre Gabe) zur Verfügung (1).
Bei der Cortisol-Injektion wird das Glucocorticoid zusammen mit einem lokal betäubenden Wirkstoff ins Kniegelenk gespritzt. Dies hat den Vorteil gegenüber oralen Darreichungsformen, dass der Wirkstoff ausschließlich dort wirkt, wo er gebraucht wird.
Bei einer aktiven Arthrose, die mit Entzündungszeichen einhergeht, ist die Glucocorticoid-Injektion eine gute Option. So hielt die schmerzlindernde Wirkung in randomisierten Studien bis zu vier Wochen nach der Injektion an (8). Es konnte allerdings kein positiver Effekt auf die Gehstrecke, Steifheit oder Lebensqualität erzielt werden.
Die Ursachen von Kniearthrose lassen sich nicht therapieren. Die medikamentöse Behandlung soll Schmerzen lindern und die Beweglichkeit erhöhen. / © Adobe Stock/C. Schüßler
Die Schmerzlinderung hält nach der Injektion in der Regel mindestens eine Woche an. Glucocorticoid-Injektionen sollten nicht zu häufig erfolgen, da sie eine Knorpeldestruktion und das Fortschreiten der Arthrose begünstigen können.
Für Patienten, die keine NSAR vertragen oder anwenden dürfen, können Hyaluronsäure-Injektionen laut Leitlinie erwogen werden. Die Studienlage ist allerdings sehr widersprüchlich, etwa hinsichtlich der Schmerzreduktion (9, 10). In einigen Metaanalysen ist von einer klinisch relevanten Schmerzhemmung die Rede. In anderen systematischen Reviews wird dagegen nur von einer geringen Schmerzreduktion berichtet, die klinisch nicht relevant ist und nicht das Risiko einer möglichen Infektion durch die Injektion rechtfertigt.
Die Studienlage zu Glucosamin und Chondroitinsulfat als Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist ebenfalls widersprüchlich. Der Nutzen ist nicht sicher belegt. Das Kapitel zu Chondroitinsulfat in der Leitlinie wurde gestrichen.
Wenn sich die Arthrose trotz oraler NSAR-Gabe nicht bessert und ein erhöhtes gastrointestinales Risiko besteht, empfiehlt die Leitlinie Glucosamin. Dies basiert auf einer positiven Nutzen-Risiko-Abwägung und dem Fehlen adäquater Behandlungsalternativen – besonders, wenn ansonsten nur noch die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure oder Corticosteroiden sowie die Gabe von Opioiden als Alternative bleiben (1).
Auf eine ausreichende Dosierung von 1500 mg Glucosamin pro Tag sollte geachtet werden. Die Therapie sollte nach spätestens drei Monaten beendet werden, wenn keine Besserung eintritt (11).
Da die Datenlage zu gering ist, empfiehlt die Leitlinie Weihrauch derzeit nicht. Ebenfalls gibt es keine Empfehlung für ein Präparat mit Strandkiefernrinde-Extrakt sowie eines mit Auszügen aus Eschenrinde, Zitterpappelrinde, -blättern und Goldrutenkraut.
Orale Präparate mit einem Curcuminoid-Gehalt von 1000 mg pro Tag (als Monotherapie) oder 500 mg pro Tag (als Ergänzung zu einer NSAR-Behandlung) können erwogen werden, ebenso Beinwellextrakt-Gel zur topischen Anwendung. Eine Empfehlung zu Arnica-Gel gibt es nicht. Weitere topische Phytotherapeutika sollten nicht angewendet werden (1).
Den letzten medikamentösen Therapieversuch stellen Opioide dar, der Einsatz bei Arthrose ist jedoch weltweit umstritten. Sie zeigen gegenüber NSAR keine bessere Wirkung. Als Vorteil überzeugt allein die bessere gastrointestinale Verträglichkeit (12, 13).
Opioide sollten in der niedrigsten Dosierung und nur kurzzeitig gegeben werden, sowohl zur Überbrückung bis zur operativen Therapie als auch bei nicht operablen Patienten. Vor dem Einsatz sollten Patienten über potenzielle Nebenwirkungen wie erhöhte Sturzgefahr, Obstipation oder schlafbezogene Atmungsstörungen aufgeklärt werden.
Eine Kombination mit Tranquilizern wird nicht empfohlen (1), ebenso wenig eine Behandlung von deutlich mehr als zwölf Wochen. Eine Ausnahme stellen Patienten dar, bei denen sich die Schmerzen durch Opioide deutlich reduzieren, die gleichzeitig eine gute Verträglichkeit zeigen und für die keine Gelenkersatzoperation infrage kommt.
Zu den nicht medikamentösen Maßnahmen bei Kniearthrose zählen beispielsweise Physiotherapie, Wasseranwendungen und orthopädische Verfahren. Krankengymnastische Übungen unter Aufsicht eines Physiotherapeuten und das gezielte Trainieren von gelenkschonenden Bewegungsabläufen wirken den Schmerzen entgegen und stärken die Muskulatur. Diese Maßnahmen sollten bereits im Frühstadium der Arthrose zum Einsatz kommen.
Viele Patienten finden Wärmeanwendungen – etwa Körnerkissen, Fangopackungen oder Wärmepflaster – sehr angenehm. Bei einer aktiven Arthrose mit einer Entzündung im Gelenk kann allerdings Kälte als angenehmer empfunden werden (1). Gute Kältequellen sind kalte Moorpackungen, Kaltluft und Umschläge mit essigsaurer Tonerde sowie die altbekannten Quarkwickel.
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Sich bei schmerzenden Kniegelenken zu schonen, um Beschwerden zu reduzieren, ist ein fataler Trugschluss. Denn dies schadet dem betroffenen Gelenk noch mehr: Durch den Bewegungsmangel verspannt sich die Muskulatur am Kniegelenk, in der Folge verkürzen sich Muskulatur und Kapsel. Ratsamer ist viel Bewegung mit wenig Belastung.
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfiehlt – wenn keine anderen gesundheitlichen Gründe dagegensprechen – Aktivitäten wie Gymnastik, Radfahren, Walking, Rücken- und Kraulschwimmen oder Aqua-Jogging. Patienten mit Kniearthrose oder Knieschmerzen sollten sich von einem Arzt beraten lassen, bevor sie ihre Aktivität erhöhen. Gleiches gilt für chronisch Kranke, Senioren und Personen, die schon länger keinen Sport getrieben haben.
Auch eine Elektrotherapie ist möglich. Elektrische Ströme verlangsamen oder verhindern die Weiterleitung von Schmerzsignalen, regen die Regeneration des Gewebes an und verbessern die Durchblutung. So hilft vielen Arthrosepatienten die sogenannte TENS-Therapie (transkutane elektrische Nervenstimulation) mit niederfrequentem Strom.
Des Weiteren können individuell angepasstes Schuhwerk und Einlagen die Bewegungsabläufe im Knie erleichtern und die Gelenke vor weiteren Fehlbelastungen schützen.
Ein künstlicher Gelenkersatz ist ratsam, wenn die Beschwerden unter Belastung anhalten, Schmerzen den Nachtschlaf stören oder ständig Schmerzmittel nötig sind. Welche Prothese oder Operationsmethode für den Patienten die beste ist, ist individuell mit dem Arzt zu besprechen. Die Wahl ist abhängig vom Zustand des Knochens rund um das zu ersetzende Gelenk und vom Körpergewicht.
Weniger Kilos bedeuten weniger Belastung für das Knie. Gemeinsam Sport zu treiben, kann helfen, sich gegenseitig zu motivieren. / © Getty Images/kali9
Wie bei anderen muskuloskelettalen Erkrankungen ist es bei der Gonarthrose wichtig, die Patienten zu motivieren, sich an der Behandlung zu beteiligen (1). Neben regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Arzt schützt vor allem Bewegung davor, dass sich die Erkrankung verschlimmert.
Außerdem spielen Aufklärung, beispielsweise durch Selbsthilfegruppen, und vor allem Mobilität eine entscheidende Rolle, um die Lebensqualität zu verbessern. Es gilt, unphysiologische und kniebelastende Aktivitäten im Alltag, Beruf und beim Sport zu vermeiden. Arthrosepatienten sollten frühzeitig mit einem Kräftigungs- und Bewegungstraining beginnen. Übergewichtige Patienten sollten ihr Gewicht reduzieren und regelmäßig kontrollieren, um die Kniegelenke nachhaltig zu entlasten.
Einen vielversprechenden Therapieansatz könnte in der Zukunft plättchenreiches Plasma (PRP) darstellen. Derzeit empfehlen die Leitlinienautoren den Einsatz nicht, da der genaue Wirkmechanismus beziehungsweise die biologischen Effekte auf die Arthrose noch nicht bekannt sind.
Die verarbeiteten Thrombozyten enthalten viele verschiedene Wachstumsfaktoren und Botenstoffe, denen regenerative oder entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden. Da allerdings auch entzündungsfördernde Mediatoren in PRP enthalten sind, bleibt abzuwarten, ob sich hieraus in Zukunft eine Therapiemöglichkeit ergibt (14).
Mit dem Capsaicin-Analogon Resiniferatoxin gibt es einen vielversprechenden Wirkstoffkandidaten zur Behandlung von Schmerzen im Zusammenhang mit Kniearthrose. Dieser wird aktuell in Phase III getestet. Wenn alles so läuft, wie es der Hersteller plant, könnte der Wirkstoff in diesem Jahr auf den Markt gelangen. In der Leitlinie wird er noch nicht erwähnt.
Daniel Finke ist Fachapotheker für Allgemeinpharmazie sowie AMTS-Manager. Von November 2015 bis Juni 2019 war er stellvertretender Filialleiter der Burg-Apotheke in Nienborg bei Münster. Danach wechselte er nach Osnabrück in eine öffentliche Apotheke mit Schwerpunkt Rheumatologie und Onkologie. Finke arbeitet seit 2015 als unabhängiger Referent für zahlreiche Apothekerkammern, Verbände und Pflegeeinrichtungen, wobei im Fokus praxisrelevante Themen, vor allem aus der Selbstmedikation, stehen. Zudem betreut er Pharmazeuten im Praktikum in Arbeitszirkeln der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.