Vergiftungen im Haushalt |
Im Haushalt und häuslichen Umfeld werden bei den Giftnotzentren meist Zimmerpflanzen angefragt, insofern soll auch in diesem Artikel primär auf diese eingegangen werden. Einzelne Freilandpflanzen, die besonders oft zur Anfrage kommen, werden aber ebenfalls berücksichtigt. Die am häufigsten vorkommenden Zimmerpflanzen gehören zu den Familien der Feigen (Ficus benjamina, Gummibaum), Aronstabgewächse (Ladypalme, Dieffenbachie, Monstera), Dickblattgewächse (Affenbrotbaum) und Orchideen (Phalaenopsis).
Es gibt keine hochgiftigen Zimmerpflanzen. Bei den meisten ist nach Verschlucken geringer Mengen maximal mit Magen-Darm-Beschwerden zu rechnen. Diese sind durch die Eltern meist gut behandelbar. Allerdings können reizend wirkende Pflanzen in seltenen Fällen eine Schwellung im Mund-Rachen-Raum bewirken und hauptsächlich bei Säuglingen und jungen Kleinkindern zu Atemnot führen. In diesen Fällen ist umgehend der Notruf 112 zu wählen.
www.ggiz-erfurt.de
Das gemeinsame Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (GGIZ) zeigt auf seiner Homepage nicht nur auf, was im Notfall zu tun ist. Es schildert auch, welche Maßnahmen zur Vorbeugung ergriffen werden können. Unter dem Stichwort »Giftinformation« werden Details zu besonders häufigen Vergiftungen genannt und Empfehlungen zum richtigen Verhalten im Vergiftungsfall genannt.
www.bfr.bund.de
Auf der Webseite des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sind unter den Stichworten Lebensmittel-, Produkt- beziehungsweise Chemikaliensicherheit weitere Hintergrundinformationen zu den aufgezeigten Produkten zu finden. Hier lässt sich auch kostenlos die BfR- App »Vergiftungsunfälle bei Kindern« herunterladen, aus der heraus im Notfall direkt eines der zuständigen deutschen Giftinformationszentren angerufen werden kann. Die BfR-App wurde für Smartphones mit den Betriebssystemen Android und iOS entwickelt. Einmal installiert, kann die BfR-App auch ohne Internetzugang genutzt werden.
Auch Wolfsmilchgewächse finden sich in vielen Haushalten und Gärten. Die Pflanzen dieser Familie besitzen einen stark reizenden Milchsaft, der beim Abschneiden oder Abreißen von Pflanzenteilen, aber auch beim Kauen auf den Blättern austritt. Dieser kann teils verbrennungsähnliche Reizungen der Haut und Schleimhaut mit Schmerzen und Blasenbildung verursachen, wobei die Symptome noch am Folgetag auftreten können. Bei Augenkontakt mit dem Milchsaft besteht außerdem die Gefahr einer Hornhautschädigung. In diesen Fällen wird immer eine Vorstellung beim Augenarzt empfohlen.
Andere im Freiland zu findende Pflanzen, die zu starker Hautreizung mit verbrennungsähnlichen Symptomen führen können, gehören der Familie der Doldenblütler an. Der bekannteste Vertreter ist der Bärenklau (Wiesen- und Riesenbärenklau), aber auch andere Doldengewächse können vergleichbare Symptome auslösen. Hier ist die Ursache jedoch keine direkte Reizwirkung des Pflanzensaftes, sondern eine phototoxische Reaktion, die nach Kontakt der Haut mit den Inhaltsstoffen der Pflanze und UV-Einstrahlung (Sonnenlicht) auftritt. Im Fall einer deutlichen Symptomatik sollte auch hier eine Vorstellung beim Arzt erfolgen.
Die häufigsten Anfragen zu Freilandpflanzen beziehen sich allerdings auf Beeren und Früchte. Hier gibt es sehr viele verschiedene Arten und Familien, die im Sommer und Herbst meist bunte Beeren ausbilden, welche gerade bei Kleinkindern sehr beliebt sind. Generell kann man aber sagen, dass – mit Ausnahme von einzelnen Pflanzen, wie zum Beispiel Seidelbast und Tollkirsche – bei Verschlucken von weniger als fünf Stück der meisten Früchte keine schweren Vergiftungen zu erwarten sind (4).
Im Sommer und Herbst sind es meist bunte Beeren und Früchte, die eine große Anziehungskraft für Kleinkinder besitzen. / Foto: Adobe Stock/JRG
Auch die Schoten von Schmetterlingsblütlern verleiten Kinder immer wieder zum Naschen der »Erbsen«. Während die meisten Arten dieser Familie eher unproblematisch sind, kann es nach Verzehr der Samen und Schoten vom Goldregen durchaus zu deutlichen Vergiftungssymptomen kommen.
Um Pflanzen sicher zu identifizieren und anhand dessen die Gefährdung nach Verschlucken beurteilen zu können, ist in jedem Fall der Kontakt zum Giftnotruf empfohlen.
Anne Stürzebecher studierte von 1997 bis 2001 Pharmazie an der Philipps-Universität, Marburg, bevor sie nach ihrer Promotion 2005 eine Weiterbildung zur Fachapothekerin für Klinische Pharmazie (2006 bis 2010) absolvierte. Seit 2011 ist sie als beratende Apothekerin am Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen c/o HELIOS Klinikum Erfurt tätig. Sie ist Humantoxikologin der Gesellschaft für Klinische Toxikologie (GfKT). Ihr spezielles Arbeitsgebiet umfasst die Toxinologie von Pflanzen und Tieren.