Tschüss, Preisanker! |
Ist ein Rabattarzneimittel nicht innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen, darf der Apotheker nach dem Willen der Großen Koalition künftig unter bestimmten Voraussetzungen auch ein teureres als das verordnete Fertigpräparat abgeben. / Foto: iStock/alvarez
Tritt ein Lieferengpass auf, werden die Apotheker künftig berechtigt, ein »wirkstoffgleiches, auch nicht rabattiertes Arzneimittel unmittelbar abzugeben«. So steht es in den fachfremden, noch nicht ressortabgestimmten Änderungsanträgen von Union und SPD. Ein Arzneimittel gilt demnach als nicht verfügbar, wenn es innerhalb einer angemessenen, nicht näher beschriebenen Frist nicht beschafft werden kann.
In diesem Fall will die Regierung den Offizinen künftig mehr Handlungsspielraum einräumen: Einen gesetzlichen Preisanker erachtet sie mit Blick auf die bestehende Versorgungssituation als »nicht zielführend«. Die Koalitionsfraktionen stellen klar: »Damit ist im Einzelfall weiterhin die Abgabe eines teureren als des verordneten Arzneimittels zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung möglich.« Damit kommen Union und SPD den Apothekern ein großes Stück entgegen: Zunächst war eine 24-Stunden-Frist angedacht, bis ein Austausch erlaubt sein sollte – unter Beibehalten des Preisankers. Im Vergleich zu den derzeitigen Möglichkeiten für Apotheken, auf Lieferengpässe zu reagieren, hätte das sogar eine Verschlechterung der Situation bedeutet.
Darüber hinaus sollen mögliche anfallende Mehrkosten nicht vom Versicherten, sondern von seiner jeweiligen Krankenkasse getragen werden. Weitere Einzelheiten »zur unmittelbaren Abgabe mit einem geringen bürokratischen Aufwand« regeln den Änderungsanträgen zufolge die Vertragspartner des Rahmenvertrags, also der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband. Letzterer erhält den Auftrag, dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 18 Monate nach Inkrafttreten der Regelung insbesondere über die finanziellen Auswirkungen zu berichten.