Troglitazon als potenzielles Medikament gegen Hepatitis B |
Daniela Hüttemann |
21.10.2020 17:00 Uhr |
Viren brauchen zum Eintritt in die Wirtszelle bestimmte Rezeptoren. Blockiert man diese pharmakologisch, lässt sich die Infektion verhindern. / Foto: Getty Images/Alfred Pasieka/Science Photo Library
Weltweit leben Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge mehr als 250 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis-B-Infektion. Die Infektion ist bislang nicht heilbar und kostete infolge von Leberzirrhose oder Leberkrebs als Folgeerkrankung 2015 schätzungsweise 887.000 Menschen das Leben.
»Gegenwärtige Anti-HBV-Mittel, einschließlich Nukleosidanaloga und Interferone, können die Viruslast verringern, sind jedoch im Allgemeinen nicht kurativ – daher ist die Entwicklung von Anti-HBV-Wirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen erforderlich, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern«, fasste Dr. Kento Fukano vom National Institute of Infectious Diseases, Japan, beim diesjährigen digitalen Pharmaceutical Sciences World Congress zusammen. Japanischen Pharmazeuten konnten zeigen, dass Insulinsensitizer wie Troglitazon die Internalisierung des Hepatitis-B-Virus in die menschlichen Leberzellen verhindern können.
»Die Internalisierung von Viren in Wirtszellen ist der erste Schritt der Infektion, was bedeutet, dass diese Substanz zur Prophylaxe nach Exposition verwendet werden kann«, erklärte Fukano. Da der Viruseintritt jedoch auch für die Auslösung, Ausbreitung und Aufrechterhaltung einer Virusinfektion von entscheidender Bedeutung ist, sei Troglitazon auch eine potenzielle Behandlungsoption für chronische Hepatitis B.
Die Arbeitsgruppe konnte den Wirkmechanismus genauer evaluieren. Demnach verhindert Troglitazon die Oligomerisation von NTCP, des Natrium-Taurocholat-kotransportierenden Polypeptids, das zu den Entry-Rezeptoren für Hepatitis-B-Viren gehört. Das Antidiabetikum verhindert also, dass sich der entscheidende Rezeptor für den Viruseintritt in die Zelle ausbildet.
Troglitazon sei der erste niedermolekulare Wirkstoff, für den eine entsprechende Wirkung auf NTCP gezeigt wurde, so die Forscher. Das kürzlich auf den Markt gekommene Bulevirtid (Hepcludex®) blockiert zwar ebenfalls NTCP, ist aber ein Biomolekül und außerdem bislang nur bei Hepatitis D zugelassen. Zur Behandlung von Hepatitis B steht als Entry-Inhibitor bislang nur Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIG) zur Verfügung. Seine Verwendung sei jedoch durch Kosten- und Versorgungsprobleme begrenzt, da HBIG von geimpften menschlichen Spendern gewonnen werde, so Fukano. »Im Gegensatz dazu ist Troglitazon billig, wir können eine stabilere Versorgung aufrechterhalten und es kann oral verabreicht werden, was für Entwicklungsländer mit knappen medizinischen Ressourcen von Vorteil ist.« Klinische Studie müssen jedoch noch zeigen, ob der Einsatz von Troglitazon bei Hepatitis B wirklich sicher und wirksam ist.