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Unfallmediziner warnen

Trampolin ist kein Spiel-, sondern Sportgerät

Joggen, Schwimmen, Radfahren? Langweilig! Wer nach einem trendy Ausgleich für strapazierte Muskeln und Gelenke sucht und den Kopf frei bekommen will, geht heute Trampolin springen. Auch Kinder lieben es, sich auf den federnden Tüchern auszutoben. Unfallchirurgen sehen das mit Sorge.
Elke Wolf
23.05.2022  07:00 Uhr
Trampolin ist kein Spiel-, sondern Sportgerät

Egal ob im Garten, in Jumphallen, in Miniversion im Kinderzimmer oder im Fitnessstudio: Der Hüpf-Boom ist ungebrochen. Die Corona-Pandemie hat ihn gar verstärkt. »Die Umsatzzahlen von Trampolinen, die sich bereits vor der Pandemie positiv entwickelt hatten, sind seitdem noch einmal deutlich angestiegen und haben sich etwa verdreifacht«, informiert Sebastian Presse, Marketingleiter des Trampolinherstellers Hudora aus Remscheid.

Ohne Frage trainiert das Springen hoch in die Luft die Muskulatur und schult Koordination, Gleichgewichtssinn und Körpergefühl. Dennoch sehen vor allem Kinderchirurgen mit dem steigenden Absatz von Trampolinen auch mehr Verletzungen. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) warnt wie jedes Jahr zu Beginn der Freiluftsaison in einer Pressemitteilung: »Gerade mit dem Frühlingsbeginn sehen wir bei Kindern besonders viele Unfälle durch das Trampolinspringen. Das Körpergefühl und das motorische Gedächtnis müssen nach der Pause erst wieder aktiviert werden.« Die Gesellschaft erinnert Eltern daran, dass das Sprungtuch ein »Sport- und kein Spielgerät« ist.

Typischerweise sind bei Kindern die Ellenbogen sowie die Kopf-Nacken-Region verletzungsgefährdet. Neben Zerrungen und Prellungen können komplizierte Brüche auftreten, im Extremfall mit bleibenden Nervenschäden. Die Folgen eines zu übermütigen Auftakts kennt Professor Dr. Peter Schmittenbecher, Leiter der Sektion Kindertraumatologie bei der DGOU, nur zu gut: »Wir sehen häufig Prellungen und Verstauchungen am Hand- und Kniegelenk, ebenso Brüche an Armen und Beinen. Auch Schleudertraumen, Gehirnerschütterungen und Verletzungen der Wirbelsäule infolge missglückter Saltoversuche treten immer wieder auf.« Kinder werden teils meterhoch in die Luft geschleudert und erreichen hohe Sprunggeschwindigkeiten. Die Kräfte, die beim Aufprall wirken, werden häufig unterschätzt.

Besonders kritisch wird die Situation, wenn mehrere Kinder gleichzeitig auf dem Trampolin springen. Das Unfallrisiko steigt, so besagt es die Statistik, um das 14-Fache, wenn man gemeinsam springt. »Wenn Kinder unterschiedlichen Alters gleichzeitig springen oder gar Eltern mit von der Partie sind, führt das leicht zum Katapulteffekt. Durch das unterschiedliche Gewicht kommt es zu einer Dynamik, die das leichtere Kind mitunter unkontrolliert durch die Luft fliegen lässt«, teilt die DGOU mit. Babys und Kleinkinder gehörten prinzipiell nicht aufs Sprungtuch. Sie verfügen noch nicht über die nötige Körperkontrolle.

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