Therapie individuell abstimmen |
Für Migränepatienten mit kardiovaskulären Erkrankungen kommen zwei neue Substanzklassen infrage: »Ditane« und »Gepante«. Sie scheinen zwar weniger wirksam zu sein als Triptane (18), könnten jedoch für Patienten mit schwerer Migräne, bei denen Triptane kontraindiziert oder nicht wirksam sind, eine lang ersehnte Therapieoption darstellen (19).
Ditane wirken wie Triptane am Serotoninrezeptor, jedoch nicht an den Subtypen 5-HT1B und 5-HT1D, sondern selektiv an 5-HT1F. Ihr erster Vertreter ist Lasmiditan (Reyvow™), der in den USA bereits zugelassen ist. Für Europa ist die Zulassung beantragt. Im Unterschied zu den Triptanen wirkt Lasmiditan nicht gefäßverengend und kann daher auch bei kardiovaskulär vorerkrankten Migränepatienten eingesetzt werden. In klinischen Studien ist es ähnlich gut wirksam wie orale Triptane. Lasmiditan ist jedoch ZNS-gängig und kann zentrale Nebenwirkungen wie Benommenheit, Schläfrigkeit und Schwindel auslösen. Deshalb sieht die Fachinformation in den USA vor, dass man nach Einnahme acht Stunden lang kein Kraftfahrzeug führen darf, selbst wenn diese Nebenwirkungen nicht auftreten. Die Indikation für Lasmiditan wird sich vermutlich auf Migränepatienten beschränken, die Kontraindikation für Triptane aufweisen (19).
Der zweite neue Ansatz zur Therapie der Migräneattacke sind niedermolekulare Calcitonin-Gene-Related-Peptide-Rezeptorantagonisten. Im Gegensatz zu den monoklonalen Antikörpern gegen CGRP werden die Gepante oral eingenommen. In den USA sind sie zugelassen zur Akuttherapie (Rimegepant, Nurtec ODT®, und Ubrogepant, Ubrelvy®) oder auch zur Prophylaxe (Atogepant, Qulipta®, und Rimegepant).
Anfang Mai hat die EU-Kommission Rimegepant (Vydura®) für Erwachsene in Europa zugelassen. Die im Mund zerfallende Tablette kann sowohl zur Behandlung akuter Migräneattacken mit oder ohne Aura als auch zur Prophylaxe bei episodischer Migräne (mindestens vier Attacken/Monat) eingesetzt werden. Zur Akuttherapie nehmen Erwachsene einmal täglich 75 mg Rimegepant. Zur Vorbeugung beträgt die Dosierung 75 mg alle zwei Tage.
In der Akuttherapie der Migräne sind die Gepante deutlich weniger effektiv als die Triptane. Ihr Vorteil scheint darin zu bestehen, dass sie gemäß der tierexperimentellen Daten kein Risiko für einen Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch aufweisen (18).
Foto: Adobe Stock/New Africa
In der Schwangerschaft bessert sich die Migräne bei etwa 50 bis 80 Prozent der Frauen oder bleibt sogar ganz aus. Dieser Effekt zeigt sich besonders in den letzten beiden Schwangerschaftsdritteln. Bei etwa 8 Prozent nehmen die Kopfschmerzen jedoch zu. Nach der Geburt des Kindes treten die Attacken oft erneut auf. Stillen hat vermutlich einen schützenden Effekt auf die Kopfschmerzhäufigkeit postpartal (5, 20, 21).
Vor oder zu Beginn der Schwangerschaft sollte die Migräneprophylaxe und -therapie mit einem Facharzt festgelegt werden. Wichtig in der Beratung: Pflanzliche Arzneimittel oder nicht rezeptpflichtige Medikamente können gegebenenfalls den Fetus genauso gefährden wie chemisch-synthetische Mittel.
Zur Akutbehandlung dienen Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen, aber nicht im dritten Trimenon (5, 22, 23). Bei Kontraindikationen gegen diese Stoffe wird Paracetamol gegeben (5). Haben Frauen vor der Schwangerschaft ein Triptan gebraucht, ist Sumatriptan (gute Datenlage, siehe Embryotox) die Substanz der Wahl. Alle Arzneistoffe sind nur kurzfristig einzusetzen.
Als Prophylaxe helfen Entspannungsübungen, Magnesium (zweimal 300 mg täglich) und Medikamente (Metoprolol, Amitriptylin). Dies muss individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Ein Status migränosus kann nach Ausschluss eines symptomatischen Kopfschmerzes auch in der Schwangerschaft mit Steroiden behandelt werden.