Therapie individuell abstimmen |
Die zu häufige Einnahme von Schmerz- und Migränemitteln kann zu einer allmählichen Frequenzsteigerung und Chronifizierung der Kopfschmerzen führen; man spricht vom Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch (MOH, Medication Overuse Headache) (9). Bis zu 500.000 Menschen in Deutschland sind davon betroffen (10).
Dem Apothekenteam kommt die wichtige Aufgabe zu, die Patienten über den Zusammenhang zwischen der häufigen Einnahme von Kopfschmerzmitteln und der Chronifizierung von Kopfschmerzen aufzuklären. (7). Es gilt:
Pragmatisch kann die Regel gelten, dass die Akutmedikation an maximal zehn Tagen im Monat und nicht länger als drei Tage in Folge eingenommen werden sollte. Da sehr viele Patienten sowohl Triptane als auch Analgetika oder NSAR einnehmen, gilt ohnehin die Einnahmegrenze von zehn Tagen (Kopfschmerz durch Übergebrauch unterschiedlicher Substanzgruppen, auch ohne dass die Einzelsubstanzen übergebraucht werden).
Betroffene sollten über die Prophylaxe, nicht medikamentöse vorbeugende Maßnahmen wie aerobes Ausdauertraining, Entspannungstherapien, Verhaltens- und Psychotherapie aufgeklärt werden (7). Ziel ist es, dass Patienten einen Überblick über ihren Analgetikakonsum erhalten. Ist eine Reduktion der Akutmedikation erforderlich, muss der Patient an einen Arzt verwiesen werden.
Das Vorgehen zur Behandlung von Migräneattacken ist in Abbildung 1 dargestellt. Zunächst kommen Analgetika oder NSAR in ausreichender Dosierung zum Einsatz. Sollten diese nicht ausreichend wirken, wird im weiteren Verlauf die Wirksamkeit von Triptanen auf die Migräneattacken geprüft. Die Einnahme sollte nicht so erfolgen, dass die Patienten in einzelnen Attacken zunächst ein NSAR einnehmen und dann ein Triptan. Vielmehr sollten Patienten, die wissen, dass NSAR überwiegend nicht wirksam sind, direkt ein Triptan zu Attackenbeginn einsetzen.
Abbildung 1: Akutmedikation zur Behandlung von Migräneattacken gemäß der Migräne-Leitlinie von 2020 (5) / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Empfohlene NSAR sind Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen sowie Metamizol. Außerdem gibt es mehrere positive Studien für den Einsatz der Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein (12). Prinzipiell können alle NSAR/Triptane eingesetzt werden, vorzugsweise galenische Formen mit einer raschen Wirkstofffreisetzung (5).
Antiemetika wie Metoclopramid und Domperidon können gegen die Übelkeit und zur Steigerung der Resorption zusätzlich eingenommen werden.
Ergotamin-haltige Substanzen werden nicht mehr empfohlen und sind kaum noch verfügbar. Nur bei lang andauernden Attacken in niedriger Frequenz ist die Gabe von 1 bis 2 mg Ergotamintartrat vertretbar. Kontraindikationen bei Ergotaminen sind manifeste Herz-Kreislauf-Erkrankungen, auch in der Vorgeschichte (12). Opioide sind aufgrund ihres Suchtpotenzials in dieser Indikation kontraindiziert (5, 7).