Therapie gezielt ins Auge |
Mit der Formulierung der VEGF-Antikörper als intravitreale Injektion wurde die Therapie dieser Erkrankungen wesentlich verbessert oder sogar erst möglich. Sie entwickelten sich deshalb schnell zum Therapiestandard. Die Erblindungshäufigkeit aufgrund einer nAMD ging in der Folge eindrucksvoll um etwa 70 Prozent zurück. Patienten profitieren allerdings nur, wenn sie bei der Therapie am Ball bleiben.
Mit IVOM (intravitreale operative Medikamenteneingabe) wird die Injektion eines Arzneistoffs in den Glaskörper des Auges oder das Einsetzen eines wirkstoffhaltigen Implantats in die Lederhaut (Sklera) des Auges bezeichnet (Grafik). Dieses Vorgehen ist notwendig, da die Blut-Retina-Schranke zwischen der Netzhaut und den für deren Blutversorgung zuständigen Gefäßen den Übertritt von Medikamenten in das Augeninnere verhindert. Bei systemischer Gabe eines Arzneistoffs wäre es nicht möglich, wirksame Konzentrationen an der Netzhaut zu erreichen, ohne starke Nebenwirkungen in anderen Organen hervorzurufen. Bei lokaler Applikation von Augentropfen erreicht der Wirkstoff ebenfalls nicht den Augenhintergrund in wirksamer Konzentration. Injektionen in den subretinalen (zwischen Netzhaut und Aderhaut) und suprachoroidalen (zwischen Aderhaut und Sklera) Zwischenraum erreichen die Netzhaut zwar noch gezielter (Grafik), erfordern jedoch eine chirurgische Prozedur und sind mit weiteren Risiken verbunden.
Applikationswege am Auge / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Die IVOM gehört mit geschätzt 1,5 Millionen Eingriffen pro Jahr zu den häufigsten medizinischen Prozeduren in Deutschland. Im Jahr 2022 waren 58 Prozent der Eingriffe am Auge eine IVOM und 32 Prozent eine Katarakt-OP, ergab eine Umfrage unter 753 Ophthalmochirurgen. 30 Prozent der Operateure gaben an, ausschließlich IVOM vorzunehmen und in knapp 90 Prozent der Eingriffe kam ein VEGF-Hemmer zum Einsatz (Wenzel et al., 2023).
Für die initiale Diagnosestellung und als Entscheidungshilfe für oder gegen eine IVOM muss der Arzt mit einer Fluoreszein-Angiografie die Netzhautgefäße des Augenhintergrunds darstellen. Nur so kann er die Diagnose korrekt stellen und beurteilen, ob aus den Gefäßen Flüssigkeit austritt.
An bestimmten Netzhauterkrankungen können zudem entzündliche Vorgänge beteiligt sein. Dazu gehören beispielsweise das diabetische Makulaödem, retinale Venenverschlüsse oder die Uveitis. Diese können alternativ zu VEGF-Hemmern mit Steroidimplantaten therapiert werden. Die Corticoide stabilisieren die endothelialen »tight junctions« und verringern so den erhöhten Flüssigkeitsaustritt aus den Netzhautgefäßen. Sie werden jedoch eher zurückhaltend eingesetzt, da sie am Auge ein Glaukom oder eine Linsentrübung hervorrufen können.
Das Dexamethason-Implantat Ozurdex® löst sich innerhalb von drei bis sechs Monaten vollständig auf. Iluvien® (Fluocinolonacetonid) ist ein Implantat, das sich nicht auflöst und den Wirkstoff über ein bis drei Jahre ins Auge freisetzt. Da der Augeninnendruck hier deutlich häufiger ansteigt, gilt dies als Therapie der zweiten Wahl.
Links: Bei der feuchten Form der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) bilden sich in der Netzhaut krankhafte Gefäße, die Flüssigkeit absondern und die Netzhautgefäße zerstören. Rechts: Proliferative diabetische Retinopathie im fortgeschrittenen Stadium; krankhafte neue Gefäße bilden sich auf der Netzhautoberfläche oder am Sehnerv und sprießen in den Glaskörper ein. / Foto: Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA)