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Häufiger noch als eine Überfunktion ist die Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose). Wegen dieser Störung substituieren mehr als 4 Millionen Menschen in Deutschland das Schilddrüsenhormon Levothyroxin.
Die latente Unterfunktion fällt durch ein erhöhtes TSH auf, während die Schilddrüsenhormone noch im Referenzbereich liegen. Laut der Leitlinie »Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis« (DEGAM, 2016) gilt ein TSH-Wert über 4,0 mU/l als pathologisch (12). »Bei älteren Menschen gibt es aber Hinweise, dass höhere TSH-Werte mit einer besseren Prognose verbunden sind«, sagt Möller. Die DEGAM-Leitlinie orientiert sich an Erkenntnissen aus den USA, denen zufolge für 70- bis 79-Jährige ein oberer TSH-Referenzwert von 5,9 mU/l, für über 80-Jährige von 7,5 mU/l anzustreben ist (11, 12).
Mit der verstärkten TSH-Produktion versucht der Körper, der Hypothyreose entgegenzuwirken. »Von einer Messung allein sollte aber keine Diagnose abhängig gemacht werden«, warnt der Experte. Denn Faktoren wie die circadiane Rhythmik, Ernährung, Körpergewicht, Medikamente wie Heparin, Glucocorticoide oder hoch dosierte Acetylsalicylsäure sowie die Iodversorgung beeinflussen den TSH-Wert. Daher sollte eine Wiederholungsmessung nach drei Monaten erfolgen – immer unter denselben Bedingungen wie die Erstbestimmung.
Der TSH-Wert kann Schilddrüsen-Funktionsstörungen anzeigen. Da er einer circadianen Rhythmik unterliegt und von vielen Variablen beeinflusst wird, sind wiederholte Messungen nötig. / Foto: Adobe Stock/Aleksandra Gigowska
Zu den Symptomen der Hypothyreose zählen ein verlangsamter Herzschlag (Bradykardie), schnellere Ermüdbarkeit, Erschöpfung, Kälteintoleranz und Gewichtszunahme. Auch Störungen wie Verstopfung, Zyklusunregelmäßigkeiten, Unfruchtbarkeit, Erschöpfung oder Depressionen können auftreten (Tabelle 1). Äußerlich fallen eine kühle trockene Haut, brüchiges trockenes Haar oder Haarausfall auf. Bleibt eine angeborene Unterfunktion unbehandelt, sind schwere, irreversible körperliche und geistige Behinderung beim heranwachsenden Kind die Folge (1, 13).
Es sind angeborene von erworbenen Formen der Unterfunktion zu differenzieren. Ärzte unterscheiden zudem auch hier eine latente Form, bei der bei erhöhtem TSH-Wert der Wert von fT4 normal ist, von der manifesten Funktionsstörung, bei der fT4 bei erhöhtem TSH-Wert erniedrigt ist (12).
Etwa 1 bis 2 Prozent der Menschen in Deutschland leiden an der manifesten Form, an der latenten sogar bis zu 10 Prozent. Je nach Ursache müssen vor allem Patienten mit einer manifesten Unterfunktion lebenslang Schilddrüsenhormone substituieren. Bei der latenten Form ist die Indikation individuell zu stellen. »Die Entscheidung hängt unter anderem ab von der Höhe des TSH-Werts und vom Alter und den Vorerkrankungen des Patienten«, sagt Möller.