Symptomtherapie statt Antibiotika |
Ob mit oder ohne Antibiotikum: Als rationalen Ansatz zur Behandlung von akuten Halsschmerzen sehen die Leitlinienautoren die symptomatische Therapie mit antientzündlichen Wirkstoffen. Das sind entweder Lutschtabletten mit Lokalanästhetika wie Benzocain (zum Beispiel Dolo-Dobendan®, Anaesthesin Pastillen) oder Ambroxol (zum Beispiel Mucoangin® Lutschtabletten) sowie mit nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder bei starken Schmerzen orale NSAR. Bei Letzteren wird die Leitlinie sehr konkret und nennt explizit Ibuprofen und Naproxen, auch aufgrund ihres günstigen Risikoprofils. Bei den Lokalanästhetika und NSAR zum Lutschen macht sie dagegen keine genaueren Angaben. Bei den Lokaltherapeutika ist jedoch laut Leitlinie nur ein moderater Effekt zu erwarten.
Eigens genannt unter den NSAR für die lokale Anwendung wird Flurbiprofen, das derzeit einzige NSAR, das in Deutschland für die topische Anwendung bei Halsschmerzen zugelassen ist (zum Beispiel in Dobendan® Direkt). Es ist in Form von Lutschtabletten ab einem Alter von zwölf Jahren oder als Spray ab 18 Jahren erhältlich. Beide werden alle drei bis sechs Stunden angewendet, jedoch maximal fünfmal am Tag. Der Wirkstoff dringt gut in die Mukosa ein und wirkt relativ schnell analgetisch und entzündungshemmend bis zu sechs Stunden, jedoch nur in geringem Maße systemisch.
Beim Spray besteht eine Einzeldosis aus drei Sprühhüben. Die Handhabung des Sprays kann gerade ältere Patienten überfordern, weshalb hier unter Umständen die Lutschtabletten vorzuziehen sind. Das Spray wird im hinteren Rachenbereich appliziert und darf nicht eingeatmet werden. Beim Sprühen also Luft anhalten!
Es gibt auch eine klare Empfehlung gegen alle Arten von Rachentherapeutika – also Lutschtabletten, Gurgellösungen, Rachensprays – mit Lokalantiseptika und/oder Antibiotika. Abgesehen von der mangelnden Evidenz sei die Anwendung dieser Mittel bei einer mehrheitlich viral bedingten Infektion nicht nachvollziehbar und nicht sinnvoll. »Lokalantiseptika sind konzentrationsabhängig zytotoxisch und wirken nur an der Oberfläche, während sich die wesentliche Infektion in der Tiefe des Gewebes abspielt«, heißt es in der Leitlinie. Ebenfalls eindeutig nicht empfohlen werden Corticosteroide zur analgetischen Therapie bei Halsschmerzen.
Wann dürfen Kinder mit einer Streptococcus-pyogenes-Infektion, besser bekannt unter der Bezeichnung »Scharlach«, wieder in Gemeinschaftseinrichtungen gehen? Es gibt unterschiedliche Empfehlungen, wie mit den ß-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A umzugehen ist und wie lange die Kinder infektiös sind.
Nach dem Infektionsschutzgesetz liegt es im Ermessen des Arztes zu entscheiden, wann eine Weiterverbreitung des Erregers nicht mehr zu befürchten ist. Das Robert-Koch-Institut rät zur Wiederzulassung ab dem zweiten Tag einer Antibiotikatherapie, sofern keine Krankheitszeichen mehr bestehen, ohne Antibiotikaeinsatz aber erst 14 Tage nach Symptombeginn.
Eine Einlassung speziell zum Scharlach im Bundesgesundheitsblatt sieht vor, dass eine Wiederzulassung bei gutem Allgemeinbefinden 24 Stunden nach Therapiebeginn und ohne Antibiotikabehandlung nach Abklingen der akuten Symptome erfolgen kann. Es ist somit widersprüchlich, warum Kinder mit Scharlach auch ohne Antibiotikabehandlung nach Abklingen der akuten Symptome wieder in Kita oder Schule gehen können, während das im Fall einer Tonsillitis nicht möglich ist.
Die aktuelle Halsschmerz-Leitlinie empfiehlt die Wiederzulassung bei gutem Allgemeinbefinden 24 Stunden nach Antibiotikabeginn und ohne Therapie nach Abklingen der akuten Symptome. Die 14-Tages-Frist wird hier nicht berücksichtigt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.