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Halsschmerzen

Symptomtherapie statt Antibiotika

Eine möglichst lokale Symptomkontrolle und der weitgehende Verzicht auf Antibiotika: Das sind die wesentlichen Änderungen der überarbeiteten S3-Leitlinie zur Behandlung von Patienten mit Halsschmerzen der Allgemeinmediziner.
Elke Wolf
09.11.2021  18:00 Uhr

Im Vergleich zur Vorgängerversion der Halsschmerz-Leitlinie der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin) kommt in der Diagnostik zu den beiden bekannten Scores ein dritter hinzu. Das Verordnungsprinzip des »delayed prescribing« wird erstmals ausdrücklich empfohlen und außerdem ein überarbeiteter Behandlungsalgorithmus vorgestellt, bei dem die Dauer einer Antibiotikatherapie auf fünf bis sieben Tage verkürzt wird. Penicillin V bleibt Mittel der Wahl. Die Leitlinie rückt also einen adäquaten Antibiotikaeinsatz bei Atemwegsinfekten und die Vermeidung von Antibiotikaresistenzen in den Fokus.

Das ist das Neue an der Leitlinie: Man verzichtet bewusst auf eine antibiotische Therapie, selbst ein klinischer Verdacht auf eine bakterielle Tonsillopharyngitis ist keine generelle Indikation für Antibiotika. Die Leitlinie setzt hier auf eine ausführliche Aufklärung. Der Arzt muss anhand von Scores und der Therapieerwartungen des Patienten mit diesem abwägen, ob eine Antibiotikabehandlung indiziert ist. Rein klinisch ist nicht sicher zwischen viralen, bakteriellen und nicht infektiösen Ursachen akuter Pharyngitiden, Tonsillitiden, Rhino- und Tonsillopharyngitiden zu unterscheiden.

Darüber hinaus sollten Arzt und Apotheker den Patienten aufklären, dass eine antibiotische Therapie bei Pharyngitis die Symptomdauer im Schnitt nur um 16 Stunden verkürzt. Die Number needed to Treat (NNT) liegt mit 200 relativ hoch: Das heißt, um eine Komplikation zu verhindern, müssen 200 Halsschmerz-Patienten mit Antibiotika behandelt werden – umgekehrt wären die Antibiotika bei 199 Patienten nicht nötig gewesen. Das erstmalig aufgeführte Verordnungsprinzip des »delayed prescribing« schafft mehr Handlungsspielraum. Dabei wird dem Patienten ein Rezept angeboten mit der Auflage, es erst dann einzulösen, wenn nach drei bis fünf Tagen keine Besserung oder wenn früh eine Verschlechterung auftritt.

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