Symptomkontrolle als Therapieziel |
Brigitte M. Gensthaler |
27.05.2019 16:06 Uhr |
Psoriasis ist mehr als eine Hautkrankheit. Dr. Peter Radny wies in Meran auf zahlreiche mögliche Komorbiditäten hin. / Foto: PZ/Alois Mueller
Trockene, juckende, schuppende Haut in Hautfalten, am Fuß oder rund um den Bauchnabel: Viele Lokalisationen einer Plaque-Psoriasis sind im täglichen Leben nicht zu erkennen, aber dennoch belastend. Eine Schuppenflechte kann aber auch großflächig sichtbar auftreten und damit das soziale Leben massiv einschränken. Doch nicht nur die Haut ist betroffen.
»Die Psoriasis ist eine Systemerkrankung mit zahlreichen Komorbiditäten; so können Auge, Lunge, Leber und Darm betroffen sein«, sagte Radny. Nicht selten seien erwachsene Patienten in Behandlung wegen Arthritis, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck. 25 bis 30 Prozent der Patienten entwickeln eine Psoriasis-Arthritis (PsA). »Wichtig ist, dass die Arthritis erkannt und Gelenkschmerzen nicht auf Dauer mit NSAR behandelt werden«, mahnte der Arzt. Nur mit frühzeitiger Diagnose und Therapie seien Deformitäten und irreversible Schäden zu vermeiden.
Der Dermatologe wies auch auf die Augenbeteiligung hin: schmerzhaft gerötetes Auge, Lichtscheu und verschwommenes Sehen – typischerweise einseitig, rezidivierend und wechselnd. Sein Rat: Die Patienten sollten wenigstens einmal zum Augenarzt gehen, um die Beschwerden abklären zu lassen.
Radny wies auf einen Paradigmenwechsel hin. So werden Therapien heute nach der Symptomkontrolle bewertet und angepasst. Der Schweregrad der Erkrankung bestimme die Therapie und sei für die Verlaufskontrolle entscheidend. Ziel ist die möglichst weitgehende Symptomkontrolle.
Erfasst wird dies meist mit dem Psoriasis Aktivitäts- und Schwere-Index (PASI) und dem Deutschen Lebensqualitätsindex (DLQI). Ein PASI 75 bedeutet, dass der Ausgangswert der Erkrankung um 75 Prozent abgesunken ist. »Mit modernen Medikamenten ist heute ein PASI 90 bis 100 erreichbar.«
Bei der Auswahl der Therapie seien – neben der Schwere der Symptome – auch individuelle Aspekte zu berücksichtigen, zum Beispiel Alter, Beruf, Leidensdruck und Kinderwunsch. In der Regel werde zunächst eine konventionelle Systemtherapie, zum Beispiel mit Methotrexat, Fumarsäureester, Acitretin, Ciclosporin oder Apremilast angesetzt. Erst bei Therapieversagen oder Unverträglichkeit kommen Biologika infrage, betonte Radny.
Vorreiter waren TNF-α-Antagonisten wie Infliximab. Etanercept ist bereits für Kinder ab sechs Jahren zugelassen, hat jedoch die geringste Wirksamkeit aller zugelassenen Biologika und werde daher bei Erwachsenen nicht mehr so häufig eingesetzt. Adalimumab wirke hervorragend bei PsA und ist bereits ab vier Jahren zugelassen. Weiterer Vorteil: Es ist in Schwangerschaft und Stillzeit nicht kontraindiziert. Gleiches gilt für Certolizumab pegol.
Einen großen Fortschritt brachten Interleukin-Inhibitoren wie der IL-12/23-Antikörper Ustekinumab. Als »Meilenstein« bezeichnete der Referent den IL-17A-Antikörper Secukinumab, der nicht nur gut und rasch wirksam bei PsA und Morbus Bechterew ist, sondern auch gute Effekte auf Komorbiditäten zeige. Ebenfalls gegen IL-17A richtet sich Ixekizumab, während Brodalumab an den IL-17A-Rezeptor bindet.
Einen weiteren großen Fortschritt sieht Radny in den gegen IL-23 gerichteten Antikörpern Guselkumab, Tildrakizumab und Risankizumab. Gesamtansprechrate und Wirkdauer seien noch besser als bei den anderen Antiinterleukinen. Zudem zeigten Langzeitdaten zu Guselkumab ein Ansprechen über drei Jahre.
Trotz sehr guter Erfolge sei Psoriasis nicht heilbar und man erreiche nicht immer Erscheinungsfreiheit, resümierte Radny. »Die Schwere der Hauterkrankung muss immer die Risiken und Kosten einer Biologikatherapie rechtfertigen.«