Strategien gegen die persönliche Corona-Krise |
Der Regenbogen steht mittlerweile als Symbol gegen die Einsamkeit für Kinder. / Foto: Getty Images/demaerre
Geduldig und sorgsam mit sich umgehen, gezielt positive Gefühle entwickeln und den Medienkonsum reduzieren – so kommen die Menschen nach Einschätzung von Professor Dr. Klaus Lieb vom Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) gut durch die Corona-Krise. «Zweimal am Tag Nachrichten schauen (morgens und abends) und sich nicht die ganze Zeit mit Corona beschäftigen, weil das die ganzen negativen Emotionen noch verstärkt», riet der wissenschaftliche Geschäftsführer des renommierten Instituts im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Mainz. Die Menschen sollten sich auch nicht zu sehr mit traurigen Einzelschicksalen befassen, sondern mit Zahlen, Statistiken und ausschließlich mit bestätigten Informationen vertrauenswürdiger Quellen.
Damit die Menschen ohne schwere psychische Krisen und akute Verzweiflungssituationen durch die Corona-Krise kommen, müssten vor allem finanzielle Probleme gelöst werden, forderte Lieb. «Dafür tut der Staat ja auch eine ganze Menge.» Das Gesundheitssystem müsse sich zudem dafür aufstellen, dass nach der Krise Depressionen, Ängste und posttraumatische Störungen behandelt werden könnten. Aus anderen Pandemien sei bekannt, dass diese oft erst Monate später aufträten. Für psychisch Kranke müsse gesorgt werden. «Und es muss aufgepasst werden, dass die Kinder aus benachteiligten Gruppen nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten.»
Die Krise biete aber auch viele Chancen, betonte der Wissenschaftler. «Das Positive ist zum Beispiel, dass man inne hält, dass man schaut, was ist eigentlich wesentlich, auf was kommt es an im Leben, was möchte ich eigentlich? Wie möchte ich eine Gesellschaft haben?» Die Krise beschleunige auch positive Entwicklungen wie die Onlineprogramme an den Hochschulen.
Die bereits von der Weltwirtschaftskrise 2008 geprägten jungen Leute erlebten nun die Corona-Krise. «Das wird dazu führen, dass es über gesellschaftliche Lebensformen, Globalisierung, Gerechtigkeiten im Gesundheitssystem und der Verteilung von Gütern größere Diskussionen geben wird», sagte Lieb.
Wie sich Menschen in der Isolation, im Homeoffice, der Quarantäne und auf engem Raum am wohlsten fühlen, sei individuell ganz verschieden. «Die Ausgangsbedingungen jedes einzelnen und der Werkzeugkasten sehen unterschiedlich aus», sagte Lieb. «Sich zurückerinnern an frühere Bewältigungen von Krisen kann sehr hilfreich sein.» Als Beispiele nannte der Forscher eine Einsamkeitskrise nach einer Trennung und den Stress nach einer Entlassung im Beruf.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.