Steckbrief Zopiclon |
Brigitte M. Gensthaler |
26.10.2021 10:00 Uhr |
Schlechter Schlaf ist quälend und gesundheitsschädlich. Kurzfristig können Schlafmittel wie Zopiclon Abhilfe schaffen, langfristig sind sie aber keine Option. / Foto: Adobe Stock/TheVisualsYouNeed
Wofür wird Zopiclon eingesetzt?
Zopiclon (Ximovan® und Generika) wird eingesetzt zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen. Dies ist die einzige zugelassene Indikation. Zopiclon-haltige Präparate enthalten ein Racemat des Wirkstoffs. Pharmakologisch aktiv ist jedoch nur das (S)-Enantiomer. Eszopiclon (Lunivia®) kam im April 2021 auf den deutschen Markt und ist ebenfalls ausschließlich zugelassen zur (Kurzzeit-)Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen.
Wie wird Zopiclon dosiert?
Empfohlen werden 7,5 mg Zopiclon einmal täglich abends direkt vor dem Schlafengehen. Diese Dosis sollte nicht überschritten und in der Nacht nicht wiederholt werden. Ältere oder geschwächte Menschen sowie Patienten mit Leber-, Nieren- oder chronischer Ateminsuffizienz sollten mit der halben Dosis (3,75 mg Zopiclon) starten.
Treten Toleranz und Abhängigkeit auf?
Für alle Hypnotika/Sedativa gilt, dass sie nur bei klarer Indikation, in der niedrigsten wirksamen Dosis und so kurz wie möglich eingesetzt werden sollen. Das heißt für Zopiclon: einschließlich der schrittweisen Absetzphase nicht länger als vier Wochen. Dies sollte der Arzt schon bei Therapiestart mit dem Patienten besprechen. Bei dieser Therapiedauer wurde keine Toleranz (nachlassende Wirksamkeit) beobachtet. Das Ausschleichen soll Rebound-Phänomene wie Schlaflosigkeit verhindern.
Wie die Benzodiazepine kann auch Zopiclon Missbrauch, physische und psychische Abhängigkeit induzieren. Das Risiko steigt mit der Dosis und der Dauer der Behandlung und ist erhöht bei Patienten mit einer psychiatrischen Erkrankung und/oder Substanzmissbrauch.
Wie wirkt Zopiclon?
Auch beim Wirkmechanismus gibt es klare Parallelen zwischen Benzodiazepinen und Z-Substanzen. Die Arzneistoffe binden an Untereinheiten des γ-Aminobuttersäure-A-Rezeptors (GABAA-Rezeptor) am ligandengesteuerten Chlorid-Kanal und erhöhen die durch GABA hervorgerufene Chlorid-Leitfähigkeit. Dies hemmt die neuronale Transmission und führt den Schlaf herbei. Zopiclon, chemisch gesehen ein Cyclopyrrolon, ist also ein Benzodiazepinrezeptor-Agonist. Es bindet jedoch an einer anderen Stelle als Benzodiazepine.
Das Medikament verkürzt die Einschlaf- und verlängert die Durchschlafzeit, reduziert nächtliches und frühmorgendliches Erwachen und verbessert so die Schlafeffizienz. Zopiclon beeinflusst die Schlafarchitektur offenbar weniger als Benzodiazepine; vor allem die REM-Schlafphase scheint weniger beeinträchtigt zu werden.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Der Vorteil der Z-Substanzen liegt in ihrer im Vergleich zu Benzodiazepinen kürzeren Halbwertszeit (Plasma-HWZ des Metaboliten Zopiclon-N-oxid: 4,4 Stunden). Damit geht ein geringerer Überhang am nächsten Morgen einher. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören bitterer Geschmack und Mundtrockenheit sowie Benommenheit am Folgetag.
Der Patient muss unbedingt wissen, dass Zopiclon auch in therapeutischen Dosen die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen deutlich beeinträchtigen kann. Wie bei anderen Hypnotika kann es am Morgen nach der Einnahme zu Benommenheit, verlängerter Reaktionszeit, Schwindel, Schläfrigkeit, verschwommenem Sehen oder Doppeltsehen und verminderter Aufmerksamkeit kommen. Auch schlafwandelndes oder übermüdetes Fahren (»Schlaffahren«) kam vor. Daher sollen mindestens zwölf Stunden Abstand zwischen der Einnahme und dem Führen von Fahrzeugen, Bedienen von Maschinen und Arbeiten in Höhe liegen.
Welche Gegenanzeigen und Wechselwirkungen sind zu beachten?
Zopiclon darf nicht angewendet werden bei Myasthenia gravis, schwerer Atem- oder Leberinsuffizienz, schwerem Schlafapnoe-Syndrom und bei früherem ungewöhnlichen Schlafverhalten nach der Einnahme, zum Beispiel Schlafwandeln oder -fahren.
Werden zeitgleich andere Hypnotika und Psychopharmaka eingenommen, können sich die zentraldämpfenden Effekte gegenseitig verstärken. Bei gleichzeitiger Gabe von Muskelrelaxanzien wird die relaxierende Wirkung verstärkt und die Sturzgefahr steigt. Die Kombination mit Opioiden kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen und ist streng abzuwägen. Der Patient sollte tunlichst keinen Alkohol trinken, da dieser die Wirkung von Zopiclon unvorhersehbar verstärken oder verändern kann.
Zopiclon wird über CYP3A4 metabolisiert. Daher können die Plasmaspiegel bei Kombination mit Inhibitoren dieses Enzyms steigen, was die Wirkung des Hypnotikums verstärkt. Umgekehrt kann die Gabe von CYP3A4-Induktoren die Plasmaspiegel von Zopiclon senken und die Wirkung vermindern. Gegebenenfalls muss die Dosis jeweils angepasst werden.
Kann Zopiclon in Schwangerschaft und Stillzeit eingesetzt werden?
Während der Schwangerschaft wird die Einnahme nicht empfohlen. Allerdings sei es wegen des im Vergleich zu Benzodiazepinen geringeren Suchtpotenzials in der Schwangerschaft als vorübergehende Einschlafhilfe zu bevorzugen, heißt es bei embryotox.de, der Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité. In den Tagen nach der Geburt sei unbedingt auf Anpassungsstörungen beim Kind zu achten. Unter einer Monotherapie sei Stillen möglich.
Was tun bei einer Überdosierung?
Wie bei Benzodiazepinen verläuft eine Überdosierung mit Zopiclon im Allgemeinen nicht lebensbedrohlich, sofern der Patient nicht sehr hohe Dosen oder weitere zentraldämpfende Arzneimittel oder Alkohol eingenommen hat. Bei Überdosierung treten die pharmakologischen Effekte deutlich verstärkt auf: Benommenheit und Sedierung, Lethargie, Atem- und Kreislaufdepression bis zum Koma. Es wird symptomatisch behandelt. Zur Aufhebung der zentraldämpfenden Wirkungen von Benzodiazepinen und Analoga steht der spezifische Benzodiazepin-Antagonist Flumazenil zur Verfügung.
Ist Zopiclon für Ältere geeignet?
Nur sehr bedingt. Die FORTA-Liste (Fit fOR The Aged) bescheinigt Zopiclon eine ungünstige Nutzen-Risiko-Relation zur Behandlung von Schlafstörungen bei älteren Menschen (Klasse C). Bei Demenz-assoziierten Schlafstörungen gilt es als in der Regel ungeeignet (Klasse D).
Strukturformel (S)-Zopiclon / Foto: Wurglics