Status quo und Perspektiven |
In der Kategorie 2 der NBCD-Klassifikation finden sich vor allem parenteral applizierbare liposomale Formulierungen wie zum Beispiel das Polyenantibiotikum Amphotericin B oder die Zytostatika Daunorubicin, Cytarabin, Doxorubicin, Irinotecan und Vincristin (1, 18).
Wie schwierig sich liposomale Einbettungen im Herstellungsprozess gestalten können und mit welchen beträchtlichen Schwierigkeiten im Rahmen der Erzielung einer möglichst geringen Chargenvariabilität, homogenen Inkorporation und exakten Produktanalytik zu rechnen ist, wurde insbesondere am Fertigarzneimittel DepoCyte® deutlich (19).
Während der analytische Nachweis des Antimetaboliten Cytarabin vergleichsweise unproblematisch ist, kommt es bei DepoCyte® vor allem auf die allmähliche Wirkstofffreisetzung aus den multilamellaren Strukturen an. Denn nur so bringt das weiterentwickelte Cytarabin-haltige Fertigarzneimittel den Vorteil mit sich, lediglich alle zwei Wochen intrathekal mit jeweils 50 mg Cytarabin verabreicht werden zu müssen, während die konventionelle, nicht liposomale Form eine intrathekale Injektion von 40 mg zweimal pro Woche erfordert (18). Damit entwickelte sich DepoCyte® zum Standard in der Behandlung der Meningeosis neoplastica, bevor nicht näher umschriebene »Produktprobleme« zu einem bis heute andauernden kompletten Lieferabriss führten.
Der Fall DepoCyte® macht deutlich, dass die Herstellung von Arzneimitteln mit parenteral applizierbaren Liposomen einer äußerst anspruchsvollen Galenik bedarf und der Nachweis der Freisetzungskinetik der inkorporierten Wirkstoffe sehr hohe Ansprüche an die eingesetzte Analytik stellt. Die Zuordnung zu den NBCD, vor allem wenn sie parenteral verabreicht werden, ist nachvollziehbar (20).
Zwar lassen sich auch topisch applizierbare Liposomen oder Nanoemulsionen mit Wirkstoffen, die zur Anwendung am Auge bestimmt sind, der Gruppe der NBCD zuordnen. Doch können an sie nicht dieselben hohen Anforderungen bei einer Zulassung von Zweitanbietern gestellt werden wie bei parenteralen Formulierungen. Daher werden zum Beispiel entsprechende Ciclosporin-haltige Formulierungen der Gruppe 3 zugeordnet (21).
Auch fortentwickelte Depotformulierungen, zum Beispiel Paliperidonpalmitat zur Erhaltungstherapie bei Schizophrenie, lassen sich prinzipiell den NBCD zuordnen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang die Wirkstoffanalytik deutlich besser umsetzbar als bei den genannten Produkten der Klasse 1 und 2, dieses insbesondere wenn Bioäquivalenz-Prüfungen durchgeführt werden müssen.
Dennoch geben Experten immer wieder zu bedenken, dass auch bei inhalativ anzuwendenden Formulierungen wie zum Beispiel Pulverinhalaten, Depotarzneimitteln zur intramuskulären Injektion, Transdermalen Therapeutischen Systemen (TTS) oder Dermatika mit komplexer Galenik im Rahmen einer Aut-idem-Substitution die Besonderheiten der zugrunde gelegten Galenik oft unterschätzt werden (1–5).
Auch bei inhalativ anzuwendenden Formulierungen wie bei Depotarzneimitteln zur intramuskulären Injektion, Transdermalen Therapeutischen Systemen (TTS) oder spezifischen Dermatika werden die Besonderheiten infolge der zugrunde liegenden Galenik häufig unterschätzt. / Foto: Adobe Stock/P&G
Auch die seit Kurzem verfügbaren Covid-19-mRNA-Impfstoffe Comirnaty® und Moderna® sind in Lipid-Nanopartikel eingebettet und erfüllen damit in gewisser Weise die Voraussetzungen eines NBCD, da die mRNA-Moleküle nicht rekombinant über cDNA-veränderte Zellkulturen, sondern über eine zellfreie In-vitro-Transkription aus entsprechenden DNA-Vorlagen hergestellt werden.
So entsteht nach dem Auftauen und Verdünnen von zum Beispiel Comirnaty® eine weiße bis grauweiße, opake Dispersion, die nicht heftig geschüttelt werden darf, da ansonsten mit einem Austritt der inkorporierten mRNA zu rechnen ist (22). Allerdings stellt sich derzeit bei diesem Produkt patentrechtlich nicht die Frage nach Zweitanbietern.